Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1348) Selbstfürsorge und die eigene Achtsamkeit verbessern und auch Kollegen darin bestär- ken. Ein großer Belastungsfaktor für Ärzte sei die oft mangelhafte Führungskultur in ärztlichen Einrichtungen, wie die Delegier- ten herausstellten. Sie forderten, dass ärzt- liche Führungskräfte die notwendigen Kom- petenzen erwerben, um ihre Mitarbeiter wertschätzend und damit gesund und moti- vationserhaltend führen zu können . Einer kritischen Diskussion – unter einigen Buhrufen aus dem Publikum – mit der Ärzte- schaft stellte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei seiner Rede auf der traditio- nellen Eröffnungsveranstaltung zum Ärzte- tag. Ihm liege an einer konstruktiven Debatte, betonte er. Er habe viele Gesetzesinitiativen angestoßen, dabei gehe es ihm allerdings nicht um Quantität, sondern darum, eine Sache besser zu machen. Und er kenne kein einziges Gesetz, das nicht im Laufe der Anhörungsverfahren besser geworden sei. Die Kritik der Ärzte am Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) bezeichnete er als überzogen. Die Erhöhung der Sprech- stundenzeiten von 20 auf 25 Stunden beruhe auf einem Kompromiss in der Koalition. Die Ärzte dürften nicht verkennen, dass im TSVG auch etwas für sie erreicht worden sei, etwa der Einstieg in die Endbudgetierung. Konstruktiv diskutieren Der Minister verteidigte ferner die Entschei- dung, dass das BMG die Mehrheitsanteile von 51 Prozent an der gematik übernom- men hat. 14 Jahre lang habe man der Selbst- verwaltung die Möglichkeit gegeben, die elektronische Gesundheitskarte ans Laufen zu bringen. Doch diese sei immer noch nicht voll funktionsfähig. Spahn: „Da ich eh die Torte im Gesicht habe, möchte ich auch verantwortlich sein.“ Zuvor hatte Spahn Rückenwind von NRW-Gesundheitsminister Josef Laumann erhalten, der ihn für seinen Gestaltungswillen lobte. Der scheidende Ärztepräsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery ging in seiner Eröffnungsrede auf Spahns Verständnis von Selbstverwaltung ein. Würden mit der Anhebung der Pflichtstundenzahl in den Praxen nicht eher Scheinprobleme aufge- griffen, die falschen Assoziationen aus dem Dunstkreis des Koalitionspartners geschuldet waren, fragte er. Ebenso kritisierte er den Eingriff des BMG in die gematik. Das Kern- problem liege aber nicht in der Gesellschafts- struktur der gematik, sondern an den von Ulla Schmidt 2004 gesetzlich festgelegten, nicht erfüllbaren politischen Vorgaben. Eine weitere Diskrepanz zur Auffassung des Ministers sah Montgomery im Verständnis über die Professionalität des Arztberufs. Statt für mehr Ärzte und Studienplätze zu sorgen, setze die Politik darauf, neue Ge- sundheitsberufe zu kreieren und bekannte zu verselbstständigen. Montgomery: „Pa- tienten haben in einem hoch entwickelten Gesundheitswesen vor allem ein Anrecht auf Ärztinnen und Ärzte!“ Harte Worte in Richtung Politik kamen auch von Präsidenten der gastgebenden Kammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst. Allein in den vergangenen zwölf Jahren seien 146 Gesetze und Verordnungen vom Bund auf den Weg gebracht worden, die das Gesundheitswesen betreffen. Und das, ohne deren Auswirkung und Langfristperspektiven auf das Gesundheitswesen abzuwarten. Windhorst zitierte dazu den Schweizer Politologen Gerhard Kocher: „Würde die Gesundheit von der Gesundheitspolitik ab- hängen, wären wir schon längst aus- gestorben.“ Professionalität wahren Eine Vielzahl von weiteren Themen stand auf der Agenda in Münster. Unter anderem nahm das Plenum einen gesundheits- und sozialpolitischen Leitantrag des Bundes- ärztekammer-Vorstands an. Ärztliche Selbst- verwaltung ist demnach Ausdruck ärztlicher Freiberuflichkeit. Einschnitte in die Selbst- verwaltung seien deshalb immer auch Ein- flussnahmen auf die freiheitliche Berufsaus- übung. Deutlich sprachen sich die Delegier- ten für eine Zusammenarbeit der Gesund- heitsberufe bei klaren Verantwortlichkeiten aus. Eine Verlagerung ärztlicher Tätigkeiten auf nicht-ärztliche Gesundheitsberufe komme nicht infrage. Zu den weiteren gesundheitspolitischen Themen gehörte die zunehmende Kommer- zialisierung durch fachfremde Investoren oder die Forderung, dass europäische Insti- tutionen sich wieder auf die Kernaufgaben Binnenmarkt, Mobilität und Stabilität be- schränken. pr Die Bundesärztekammer (BÄK) hat ein neues Präsidium. Die Delegierten wählten Dr. Klaus Reinhardt zum Präsi- denten. Mit ihm ist erstmals seit 40 Jahren wieder ein Hausarzt an der Spitze der BÄK. Der 59-jährige Fach- arzt für Allgemeinmedizin aus Bielefeld tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery an, der nicht mehr kandidierte. Montgomery wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt. Reinhardt ist außerdem Vorsitzender des Hart- mannbundes und Vorstandsmitglied der BÄK, dort Vorsitzender des Aus- schusses Gebührenordnung. Er ist Vize- präsident der Ärztekammer Westfalen- Lippe (ÄKWL). Gegen seine Mitbewer- berin aus dem BÄK-Vorstand, Dr. Martina Wenker, Präsidentin der Ärzte- kammer Niedersachsen, konnte er sich mit 124 zu 121 Stimmen durchsetzen. Als Vizepräsidentinnen wurden Dr. Heidrun Gitter, Bremen, und Dr. Ellen Lundershausen, Erfurt, gewählt. In den Vorstand wiedergewählt wurde Dr. Susanne Johna, Hessen. Neu im Vor- stand ist Dr. Peter Bobbert, Berlin. Neue Führungsspitze Das neue Führungstrio (v.r.n.l.): Dr. Klaus Reinhardt, Dr. Heidrun Gitter und Dr. Ellen Lundershausen 30 Politik

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=