Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1360) Ein elfjähriges Mädchen stellte sich nach Überweisung ihres Hauszahnarztes auf- grund einer seit drei Monaten langsam größenprogredienten Raumforderung im Bereich des basalen Kieferwinkels links in unserer Poliklinik vor. Aktuell befand sich die Patientin in kieferorthopädischer Behandlung aufgrund multipler Zahn- fehlstellungen und Retentionen. Seit der Geburt seien zudem multiple histologisch gesicherte epidermale Zysten im Bereich der behaarten Kopfhaut und der Extremitäten aufgetreten. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich im Bereich des basalen Kieferwinkels links eine knöcherne, 3 cm x 2 cm messende Raumforderung, die nicht druckschmerz- haft oder verschieblich war. (Abbildung 1). Palpatorisch zeigten sich im Bereich der behaarten Kopfhaut multiple subkutane Raumforderungen, die weich, nicht druck- schmerzhaft sowie verschieblich waren und eine maximale Ausdehnung von 3 cm x 3 cm aufwiesen. Die durchgeführte Panoramaschichtaufnah- me zeigte eine knöcherne Apposition im Be- reich des Kieferwinkels links basal mit einer Ausdehnung von 2 cm x 2 cm. Es bestand eine Retention der Zähne 15, 13, 23, 25, 27, 35, 34, 33, 43, 44 und 45 sowie die Nicht- anlage des Zahns 22. Die Milchzähne 55, 52, 63, 65, 73 und 83 persistierten. Radio- logisch zeigten Maxilla und Mandibula milchglasartige Strukturauffälligkeiten (Ab- bildung 2). Die Magnetresonanztomografie des Neuro- und des Viszerokraniums erbrachte den Nachweis eines Areals erhöhter Kontrast- mittelaufnahme im Bereich des basalen Kie- ferwinkelrandes links mit einer Ausdehnung von 3,1 cm x 2,3 cm. Im Bereich der behaarten Kopfhaut zeigten sich subkutan T1-hypointense, zum Teil polylobulierte Lä- sionen mit Verdacht auf epidermale Zysten sowie subgaleale T2-hypointense, flächig kontrastmittelaufnehmende Läsionen mit Verdacht auf Osteome (Abbildungen 3a bis 3d). Therapie In Intubationsnarkose erfolgte zunächst die Exzisionsbiopsie im Bereich des basalen Kieferwinkels links über einen transoralen Zugang. Eine operative Entfernung der Raumforderungen im Bereich der Kopfhaut wurde abgelehnt. Der postoperative Verlauf gestaltete sich nach Rückgang der initial ausgeprägten Schwellung komplikationslos. MKG-Chirurgie Diagnose einer familiären adenomatösen Polyposis coli Jakob Ihbe, Yasmin Mehraein, Michael Ehrenfeld Die familiäre adenomatöse Polyposis coli (FAP) ist eine genetisch bedingte Tumorneigung, die meist durch eine massive Ausbildung von Dickdarmpolypen auffällt. Zahndurchbruchsstörungen, Zahnanlagestörungen oder gutartige Knochentumoren, im vorliegenden Fall im Bereich des Kieferwinkels, können Hinweise auf die FAP geben. Alle Aufnahmen: LMU München 42 Zahnmedizin

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