Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 12

zm 109, Nr. 12, 16.6.2019, (1409) war. Nämlich welchen Einfluss die Muskulatur auf den Öffnungswinkel des Unterkiefers hat“, beschreibt Lautenschlager den Forschungs- gegenstand: Muskeln können sich nur zu einem bestimmten Grad dehnen, bis sie entweder nicht mehr kontrahieren oder die Gefahr be- steht, dass die Muskelfasern reißen. Man wisse jedoch relativ wenig über die Weichteile dieser Dinosaurier, da Weich- gewebe wie Muskeln, Sinnesorgane und andere Gewebe im Gegensatz zu den mine- ralisierten Knochen und Zähnen nicht fossil überliefert sind, so Lautenschlager. „Dennoch ist es mithilfe moderner Computersimulation möglich, mehr über die Weichteilanatomie von T. rex & Co. zu erfahren und damit auch die Biologie und das Verhalten zu rekonstru- ieren“, erklärt der Wissenschaftler weiter. Die Muskeln seien hier von besonderem Inte- resse, da sie den Antrieb für verschiedenste Funktionen wie Fortbewegung, Atmung und Ernährungsweise liefern. Die so rekonstru- ierten Muskeln verraten entsprechend viel über das mögliche Verhalten ausgestorbe- ner Lebewesen. Lautenschlager: „Wie Dino- saurier ihre Mäuler geöffnet haben, stimmt mit Beobachtungen bei Vögeln und Kroko- dilen überein. Und die sind ja entfernt mit Sauriern verwandt.“ Durch diesen direkten Vergleich der ausgestorbenen Tierart mit ihren lebenden Verwandten sei es möglich, die Muskulatur von Dinosauriern in digitalen Modellen zu rekonstruieren. Realistische Darstellung: Jurassic Park Raubsaurier gemäß Jurassic Park mit weit aufgerissenen Mäulern darzustellen, ist also richtig: Allosaurus fragilis konnte demnach eine Rachenöffnung von bis zu etwa 79 Grad erreichen, T. rex kam auf eine Maxi- malweite von 63,5 Grad. Die stärkste Beiß- kraft beim T. rex, der immerhin auf eine Kraft von 57 Kilonewton pro Quadratzenti- meter kam und somit den Rekord beim Zu- beißen unter den Dinosauriern hielt, lag bei einem Winkel von 30 Grad. Da der Schädel des Tyrannosaurus allerdings mit einer Län- ge von 1,5 Metern rund ein Drittel länger als der des Allosaurus war, konnte er auch bei dem kleineren Öffnungswinkel sein Maul in eine ähnlich große Beute schlagen wie der Allosaurus. Außerdem stellten die Forscher fest, dass der T. rex auch bei anderen Öffnungswinkeln schon einen enormen Beißdruck ausübte. Im Fall des T. rex zeigten die Forscher zudem, dass sein Beißapparat bei einem besonders breiten Spektrum von Öffnungswinkeln hohen Druck gewährleistete. Dies erlaubte es den Tieren, wohl besonders effektiv ver- schiedene Größen von Happen zu zerteilen beziehungsweise Knochen zu brechen. Beim pflanzenfressenden Erlikosaurus andrewsi war hingegen bei etwa 43,5 Grad Öffnungs- winkel Schluss, wie aus den Computersimu- lationen hervorgeht. „Wir wissen von heutigen Tieren, dass die Räuber in der Regel ihr Maul weiter aufreißen können als Pflanzenfresser – interessant ist, dass dies auch schon bei den Theropoden der Fall gewesen zu sein scheint“, so Lautenschlager in „Bild der Wissenschaft“. In der Ära der Dinosaurier galt dem Fach- medium zufolge also bereits, was heute noch in der Tierwelt typisch sei. mth/pm Quelle: Estimating cranial musculoskeletal constraints in theropod dinosaurs; Lautenschlager, Stephan; Royal Society Open Science, vol. 2, issue 11, p. 150495; 11/2015; DOI: 10.1098/rsos.150495 Optimale und maximale Öffnung der Mäuler bei Allosaurus fragilis, Tyrannosaurus rex und Erlikosaurus andrewsi Foto: Lautenschlager 91

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