Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 109, Nr. 13, 1.7.2019, (1479) heiten, wie zum Beispiel das Umspülen der Zähne, erosionsfördernd sind [Johansson et al., 2004; Attin et al., 2013]. Patientenseitige Faktoren, die die Erosion beeinflussen Neben den erwähnten Faktoren auf der Ernährungsseite sind Faktoren auf der Patientenseite im Entstehungsprozess der Zahnerosion von Bedeutung (Abbildung 1). Ess- und Trinkgewohnheiten, die Zusam- mensetzung des Speichels, dessen Fließrate und Pufferkapazität, die Pellikelbildung sowie eine diese Faktoren beeinflussende Medikamenteneinnahme sind im Zusam- menhang mit Zahnerosionen wichtig. Me- dikamente können entweder durch ihren niedrigen pH-Wert direkt erosionsauslösend sein, oder auch indirekt durch ihre nicht immer gewollte Wirkung auf die Speichel- fließrate und Zusammensetzung. Zu erwäh- nen sind insbesondere Beruhigungsmittel, Antiemetika, Antihistaminika und Anti-Par- kinson-Medikamente [Lussi et al., 2012a] sowie Brausetabletten mit niedrigem pH- Wert [Wegehaupt et al., 2016]. Andererseits gibt es auch saure Brausetabletten (Berocca, siehe Tabelle), die wegen ihres hohen Kalzium- gehalts keine Erosionen verursachen. Anamnestisch manchmal schwierig, aber für die Diagnostik wichtig, ist auch die Ab- klärung bezüglich eines möglichen Alkohol- missbrauchs, der häufig mit Reflux ver- gesellschaftet ist. Weitere zu beachtende Einflüsse sind ein vorhandener gastro- ösophagealer Reflux sowie psychische Er- krankungen wie Bulimie und Anorexie [Lussi et al., 2009]. Man sollte beachten, dass Patienten mit schon vorhandenen erosiv-abrasiven Zahn- hartsubstanzdefekten anfälliger für weitere Erosionsprozesse sind [Carvalho et al., 2016b]. Dies gilt auch für Kinder, denn schon vorhandene erosiv-abrasive Verände- rungen auf den Milchzähnen sind ein guter Indikator für diese Zahnhartsubstanzdefekte an bleibenden Zähnen [Ganß et al., 2001; Harding et al., 2010]. Wie üblich sollte auch hier frühzeitig eine individuell professionelle Beratung stattfinden und nach einer für die jeweiligen Patienten optimierten Prophylaxe- möglichkeit gesucht werden. Hilfreich für eine systematische Analyse ist die Abklärung der in der Abbildung 1 dargestellten Ein- flussfaktoren. Zusammenfassung Zahnerosionen weisen eine steigende Prä- valenz auf. Irreversible Zerstörungen und eine voranschreitende Progression können die Lebensqualität betroffener Personen Prof. em. Dr. med. dent. Adrian Lussi · 1974–1979: Studium an der Abteilung für Chemie der ETH Zürich, Diplom in Chemie, Patent als Gymnasiallehrer · 1978–1983: Studium der Zahnmedizin an den Universitäten Zürich und Bern, Staatsexamen · 1984–1986: Zahnarzt an der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, Universität Bern · 1987–1993: Oberarzt an der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, Universität Bern · 1995: Abteilungsleiter an der Klinik für Zahnerhaltung · 2006: Ordentlicher Professor und Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin · 2011–2015: Geschäftsführender Direktor der zmk bern · 2015–2017: Stellvertretender Geschäftsführender Direktor der zmk bern · seit 2017: Teilpensum in Lehre und Forschung an der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin Porträt: privat beeinflussen und Restaurationen erforder- lich werden lassen. Frühprophylaxe ist daher wichtig. In die Patientenberatung eingebunden werden sollten daher Infor- mationen über die Erosivität verschiedener Getränke und Speisen – und damit die Rolle des Patienten bei der Entstehung der Erosionen. Im erosiven Potenzial der getesteten Substanzen bestehen beträchtliche Unter- schiede. So gibt es saure Produkte, die keine Erosionen verursachen, und solche mit einem höheren pH-Wert, die ein größeres erosives Potenzial aufweisen. Die Erosivität der aufgeführten Substanzen stellt nur einen Faktor in einem multifaktoriellen Geschehen dar. Aus diesem Grund sind die hier präsentierten Tabellen lediglich ein Hilfsmittel auf dem manchmal schwierigen Weg zu einer korrekten Diagnose. Prof. em. Dr. med. dent. Adrian Lussi Universität Bern, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin Freiburgstr. 7, 3010 Bern Tel. 079 272 80 71 adrian.lussi@zmk.unibe.ch Samira H. João-Souza Brigitte Megert Thiago S. Carvalho Tommy Baumann Universität Bern, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin Freiburgstr. 7, 3010 Bern Diese Arbeit ist auch im Swiss Dental Journal (SDJ) der Schweizerischen Zahnärztegesell- schaft, Bern (SSO), erschienen, Swiss Dent J. 2019 Jun 17;129(6):479–487. Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/ DGZMK. Erosivität einzelner Getränke und Speisen CME AUF ZM - ONLINE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 41
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