Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13
zm 109, Nr. 13, 1.7.2019, (1484) Erythrit-Prophylaxepulvers gut. Die Zucker- alkohole Sorbit und Xylit kommen natür- licherweise in verschiedenen Früchten vor. So kommt Sorbit beispielsweise in Birnen, Äpfeln, Aprikosen, Pflaumen oder Vogel- beeren vor, während Xylit sich vor allem in gelben Pflaumen, Erdbeeren, Blumenkohl oder Himbeeren findet. Xylit wurde ur- sprünglich aus Birkenrinde gewonnen und daher im Volksmund auch „Birkenzucker“ genannt. Heutzutage kann Xylit aus land- wirtschaftlichen Abfallprodukten wie Mais- kolbenresten, Stroh, Getreidekleien, inte- ressanterweise aber vor allem aus Zucker- rohr- und Zuckerrübenbagasse gewonnen werden. In der Vergangenheit deuteten mehrere Studien darauf hin, dass Xylit eine Wirkung besitzt, die über den reinen Ersatz von Zucker hinausgeht. Es wurde postuliert, dass Xylit nicht nur nicht kariogen, sondern sogar an- tikariogen wirke, da es den Stoffwechsel von Mutans-Streptokokken hemme und so die Kariogenität der Plaque reduziere [Maguire und Rugg-Gunn, 2003; Mäkinen, 1998; Mäkinen, 1999; Mäkinen, 2000]. Es wurde auch beschrieben, dass der Konsum von Xylit durch Mütter von Kindern im Säug- lingsalter die Entwicklung der Karies bei diesen durch eine Veränderung der Plaque hemmen könne [Söderling et al., 2000; Söderling et al., 2001; Isokangas et al., 2000]. Allerdings konnte dieser besondere Effekt von Xylit nicht abschließend nachge- wiesen werden [van Loveren, 2004]. Eine Metaanalyse, die sich dieser Fragestellung im Jahr 2015 gewidmet hat, fand ebenfalls keine Evidenz für eine besondere Wirksam- keit von Xylit. Nachgewiesen werden konnte lediglich eine unterstützende Wirkung beim Einsatz von 10 Prozent Xylit in Fluorid-Zahn- pasten [Riley et al., 2015]. In einer neueren Drei-Jahres-Studie an Grundschulkindern, die Bonbons mit Xylit, Erythrit oder Sorbit erhielten, war Xylit am wenigsten wirksam, während die höchste kariespräventive Wir- kung für Erythrit gefunden wurde [Honkala et al., 2014]. Eine überlegene Wirkung von Erythrit wur- de auch in zwei weiteren Studien gefunden [Runnel et al., 2013; de Cock et al., 2016]. Erythrit hat gegenüber Xylit, Sorbit, Maltit, Isomalt und Mannit den Vorteil, dass es weniger stark abführend wirkt. Bei Würdigung der verfügbaren Literatur sollte nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zuckerersatzstoff eine Wirkung be- sitzt, die über die nicht-kariogene hinaus- geht [Machiulskiene et al., 2001]. Auch der lange postulierte anti-kariogene Effekt von Xylit erscheint immer unwahrscheinlicher. Süßstoffe Anders als die Zuckeraustauschstoffe sind Süßstoffe nicht kalorisch oder „quasi nicht kalorisch“ und deutlich süßer als Saccharose. Letzteres betrifft den Süßstoff Aspartam, ein Dipeptid, das häufig in Getränken einge- setzt wird und aus den beiden Aminosäuren L-Phenylalanin und L-Asparaginsäure besteht. Sein Brennwert ist genauso hoch wie der von Saccharose. Da Aspartam allerdings eine 200-mal höhere Süßkraft als Saccharose besitzt, benötigt man nur 0,5 g Aspartam, um 100 g Saccharose zu ersetzen. Das be- deutet, dass auch nur 2 kcal im Vergleich zu 400 kcal anfallen. Eine Übersicht über die in der EU zugela- ssenen Süßstoffe liefert Tabelle 3. Außer Aspartam können alle anderen Süßstoffe aus der Tabelle vom Menschen nicht ver- stoffwechselt werden und haben einen Brennwert von 0. Für alle Süßstoffe wird vom Gesetzgeber eine Höchstmenge für verschiedene Lebens- mittel vorgegeben. Die definierten Höchst- mengen basieren in der Regel auf Tierversu- chen und unterscheiden sich zwischen der EU und den USA. In den USA sind beispiels- weise die Süßstoffe Cyclamat, Neohisperi- din und Thaumatin nicht zugelassen. Auf- grund der zunehmenden Verbreitung und des wachsenden Konsums insbesondere von Getränken mit Süßstoffen nimmt auch die Skepsis gegenüber manchen Süßstoffen zu. Eine kürzlich publizierte Übersichtsarbeit listet mehrere Hundert klinische Studien auf, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Süßstoffen und verschiedenen Erkrankun- gen (neurologische, kardiovaskuläre) sowie unterschiedliche Krebsarten untersuchten [Lohner et al., 2017]. Die Ergebnisse waren so heterogen, dass sich keine validen Schlussfolgerungen ableiten ließen. Da diese Süßstoffe von oralen Bakterien nicht ver- stoffwechselt werden können, spielen sie in der Kariesprävention ebenfalls eine Rolle. In der EU zugelassene Süßstoffe Acesulfam K Aspartam Aspartam-Acesulfam-Salz Cyclamat Saccharin Sucralose Thaumatin Neohesperidin DC Stevia (Stevioglycosid) Neotam Tabelle 3 Die ebenfalls süß schmeckende Luo-Han Guo-Frucht ist weder in den USA noch in Europa als Lebensmittelzusatz zugelassen. Quelle: Klaus W. Neuhaus E-Nummer E 950 E 951 E 952 E 952 E 954 E 955 E 957 E959 E 960 E 961 Süßkraft (Saccharose = 1) 200 200 350 35 450-550 600 2.000-3.000 400-600 4 7.000–13.000 46 Fortbildung Ernährung und Mundgesundheit
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