Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 109, Nr. 13, 1.7.2019, (1509) Welche Formen der Prävention sind Erfolg versprechend? Wissenschaftler der Ludwig- Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) haben mit dem Cochrane-Netzwerk die Frage untersucht, für welche Maßnahmen es verlässliche wissenschaftliche Belege gibt, dass sie den bevölkerungsweiten Softdrink- konsum reduzieren. Dabei haben sie sich auf die Verhältnisprävention konzentriert – Maßnahmen, die an den Umgebungsfaktoren und den Lebens- und Arbeitsbedingungen von Menschen ansetzen. Die Autoren sichteten mehr als 10.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen, und identifizierten so 58 Studien aus 14 Ländern, die den vorab definierten Qualitätskriterien entsprachen. Teilgenommen hatten daran insgesamt mehr als eine Million Kinder, Ju- gendliche und Erwachsene. Das Cochrane-Review ergab, dass es für einige Ansätze wissenschaftliche Belege gibt, dass sie den Süßgetränkekonsum reduzieren. Die Qualität der Evidenz reichte dabei von sehr gering bis mittelmäßig und gut. Einige der Maßnahmen mögen naheliegend sein, doch fehlte bislang eine umfassende Übersicht dazu, welche Maß- nahmen nachweislich wirksam sind, melden die Forscher. Die höchste Evidenz erreichten dabei die Haus- haltsinterventionen: Bei übergewichtigen Menschen, die viel Süßgetränke konsumier- ten, führte die bessere Verfügbarkeit von kalorienarmen Getränken zu Hause bereits zu einer Gewichtsabnahme. Eine moderate Evidenz erreichten sowohl die farbliche Ampelkennzeichnung als auch Preiserhöhungen bei zuckrigen Getränken in Restaurants, Läden und Freizeiteinrich- tungen – sie senkten die Verkaufszahlen. Freiwillig klappt nicht! Am wenigsten geeignet halten die Autoren eine Selbstverpflichtung der Lebensmittel- industrie, weniger Zucker in Softdrinks und Lebensmitteln zu verwenden, so wie Bun- desernährungsministerin Julia Klöckner sie anstrebt. Viele öffentliche Gesundheits- behörden und Verbände, darunter die Bun- deszahnärztekammer (BZÄK), die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie Ärzteverbände fordern schon lange, dass wirksame Präventionsmaßnahmen zur Zucker- reduktion umgesetzt werden. Durch das Cochrane-Review sehe man sich bestätigt, dass eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller nicht ausreiche, stattdessen aber eine Kennzeichnung in Ampelfarben den Konsum ungesunder Produkte deutlich sen- ken könne: „Wir brauchen deshalb endlich ein mehrfarbiges Kennzeichnungssystem in Deutschland“, fordert Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtüber- tragbare Krankheiten (DANK) und plädiert für die schnelle Einführung des sogenannten Nutri-Scores, für den sich bereits mehrere europäische Länder ausgesprochen haben. Kennzeichnungen, die keine verschiedenen Farben nutzen, sondern nur eine Abstufung angeben – so wie das vom Max-Rubner- Institut im Auftrag des Ernährungsminis- teriums entwickelte Stern-Label – sind laut Bitzer dagegen ungeeignet: „Diese Kenn- zeichnung sehen wir kritisch, weil sie mit nur einer Farbe arbeitet und zudem nicht intuitiv verständlich ist. Es wäre nicht nach- vollziehbar, wenn die deutsche Politik nicht das wirksamste System wählt – und das ist eine Kennzeichnung in Ampelfarben.“ nb Philipsborn P et al.: Environmental interventions to reduce the consumption of sugar-sweetened beverages and their effects on health. Cochrane Database of Systematic Reviews 2019,4. http://www.doi.org/10.1002/14651858 Cochrane-Review Die Lebensmittelampel für Softdrinks funktioniert! Was kann den Konsum von gezuckerten Getränken eindämmen? Ein Cochrane-Review zeigt, welche Formen der Prävention nachweislich wirksam sind. Foto: AdobeStock_grzejnik1981 \ Einfach verständliche Lebensmittel- kennzeichnungen, etwa mithilfe einer Farbcodierung nach dem Ampelprinzip \ Preiserhöhungen auf Softdrinks in Restaurants, Läden und Freizeit- einrichtungen \ Verringerung des Angebots von Softdrinks in Schulen \ Kindermenüs in Restaurantketten, die standardmäßig statt eines Softdrinks ein gesünderes Getränk enthalten \ Die bessere Platzierung und Vermark- tung von gesünderen Getränken in Supermärkten \ Lokale Gesundheitskampagnen mit einem Fokus auf Softdrinks \ Die Bereitstellung von alternativen Getränken im Haushalt Mit diesen Maßnahmen wird der Softdrink- konsum reduziert 71 Zahnmedizin

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