Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 109, Nr. 13, 1.7.2019, (1511) Sie dient Medizinern und Medizinerinnen mit einem Suchtproblem als Anlaufstelle, melden können sich dort aber auch Menschen aus deren Umfeld. Der Drogen- und Sucht- beauftragte vermittelt Betroffene an Thera- peuten und Therapieeinrichtungen und fungiert als Bindeglied zwischen ihnen und den Kammern, der hessischen Approbations- behörde und dem Regierungspräsidium, das bei Verstößen gegen das Betäubungs- mittelgesetz aktiv wird. Suchtmittel Nummer eins: Alkohol In allen Schichten der Gesellschaft sind Suchterkrankungen anzutreffen. Nach An- gaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) rauchen in Deutschland 12 Millionen Menschen, 1,6 Millionen sind abhängig von Alkohol und geschätzte 2,3 Millionen von Medikamenten. Rund 600.000 Frauen und Männer weisen einen problematischen Kon- sum von Cannabis und anderen illegalen Drogen auf, etwa 500.000 zeigen ein pro- blematisches oder sogar pathologisches Glücksspielverhalten. Außerdem ist von etwa 560.000 Onlineabhängigen in Deutschland auszugehen, informiert das BMG mit Ver- weis auf den Epidemiologischen Suchtsurvey aus dem Jahr 2018. Belastbare Statistiken darüber, wie viele Mediziner abhängig sind, gibt es nicht. Nach Schätzungen des Vorsitzenden der Arbeitsgruppe „Sucht und Drogen“ der Bundesärztekammer, Dr. Josef Mischo, ist von vier bis fünf Prozent aller Ärzte in Deutschland auszugehen. Das entspreche etwa der Häufigkeit der Suchterkrankungen in der übrigen Bevölkerung, erklärte er in einem Interview mit der Ärzte Zeitung im März 2018. Suchtmittel Nummer eins ist laut Mischo auch unter Ärzten mit Abstand der Alkohol. Da Mediziner einen leichteren Zugang zu Medikamenten haben, sei es zudem wahr- scheinlich, dass der Anteil der abhängigen Ärzte in diesem Bereich deutlich höher liegt als bei der restlichen Bevölkerung. Besonders häufig sei der Missbrauch von Opioiden, Benzodiazepinen, Ketamin und des ge- bräuchlichen Narkosemittels Propofol. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Sucht und Abhängigkeit oft gleich- bedeutend verwendet. In ihrer offiziellen Definition verzichtet die Weltgesundheits- organisation (WHO) aber auf den Begriff „Sucht“ und spricht stattdessen von „Ab- hängigkeit“. Die Begründung: Der Begriff „Abhängigkeit“ lasse eine sehr viel diffe- renziertere Unterscheidung zwischen kör- perlichen und psychischen Aspekten der Erkrankung zu. Psychische Substanzabhängigkeit ist defi- niert als übermächtiges, unwiderstehliches Verlangen, eine bestimmte Substanz immer wieder einzunehmen oder eine bestimmte Handlung immer wieder auszuführen. Ab- hängige wollen so ein Lustgefühl erlangen oder aber Unlust vermeiden. Physische Abhängigkeit manifestiert sich in einer Toleranzentwicklung, die dazu führt, dass Abhängige die Dosis immer weiter steigern. Bleibt der Konsum der Substanz oder das Ausführen der Handlung aus, reagiert der Körper mit Entzugserscheinungen wie Zit- tern, Unruhe und Schweißausbrüchen. Im Umgang mit Abhängigkeit ist es wichtig zu unterscheiden zwischen stoffgebundener Abhängigkeit – dazu zählt der Konsum von Substanzen wie Nikotin, Alkohol, Medika- menten, Schnüffelstoffen oder illegalen Drogen – und nicht-stoffgebundener Ab- hängigkeit, beispielsweise Glücksspielsucht, Online-Sucht oder Arbeitssucht. Oft führen Krisen in die Krankheit In den zehn Jahren als Drogen- und Sucht- beauftragter hatte Drexler Kontakt mit rund 350 Heilberuflern. Zehn Prozent davon waren Zahnärztinnen und Zahnärzte. Nach einer Definition der WHO liegt eine Abhängigkeit dann vor, wenn ein Jahr lang gleichzeitig mindestens drei der folgenden Sätze zutreffen: \ Ich habe den starken Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren. \ Meine Kontrollfähigkeit in Bezug auf den Beginn, die Beendigung oder die Menge des Konsums ist vermindert. \ Ich erlebe ein körperliches Entzugs- syndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums. \ Ich weise in dem Sinn eine Toleranz gegenüber der Substanz vor, dass erhöhte Dosen erforderlich sind, um die ursprüng- liche durch niedrigere Dosen erreichte Wirkung hervorzurufen. \ Ich beobachte an mir eine fortschrei- tende Vernachlässigung anderer Inte- ressen zugunsten des Substanzkonsums sowie einen erhöhten Zeitaufwand, um die Substanz zu konsumieren oder mich von den Folgen zu erholen. \ Ich setze den Konsum der Substanz trotz des Nachweises eindeutig schäd- licher Folgen fort. Weitere Online-Selbsttests zu den Themen Abhängigkeit von Alkohol, Cannabis oder Amphetaminen finden Sie unter www.drugcom.de/selbsttests. Selbsttest Foto: iStock - FotografiaBasica 73

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