Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 109, Nr. 13, 1.7.2019, (1517) im Zeitraum 2012 bis 2018 die durch- schnittliche Anzahl kariöser beziehungs- weise fehlender Zähne zurück. Im Vergleich zur gleich alten Durchschnittsbevölkerung zeigt sich bei der Anzahl fehlender Zähne eine abnehmende Differenz. Allerdings muss bei der Interpretation der Ergebnisse beach- tet werden, dass es sich nicht um ein Follow- up handelt, sondern um Tendenzen auf der Grundlage von Durchschnittswerten. Gründe für eine Verbesserung der Mund- gesundheit können in der Verbesserung des Zugangs zur zahnmedizinischen Versorgung, der erhöhten Aufmerksamkeit für ihre eigene Mundgesundheitssituation und daraus resul- tierende Verhaltensänderungen beziehungs- weise in Anspruch genommene Behandlungs- maßnahmen durch ihre Teilnahme bei Special Smiles sein. Die Anzahl regionaler „Special Smiles“-An- gebote konnte in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht und damit eine immer größere Anzahl von Menschen mit geistiger Behinderung erreicht werden, insbesondere auch aufsuchend in Wohneinrichtungen und Werkstätten. Darüber hinaus werden mit den Fortbildungen zahnmedizinische Teams, die als „Special Smiles“-Helfer im Einsatz sind, für die Besonderheiten von Menschen mit geistiger Behinderung sensi- bilisiert und nehmen ihre Erfahrungen im Umgang mit diesen Patienten in den Praxis- alltag mit. Ohne die Helfer geht es nicht Ohne das große Engagement vieler Fach- helfer wären die Angebote des Zahn- und Mundgesundheitsprogramms undenkbar. Zum Team unter bundesweiter Leitung des in Hildesheim niedergelassenen Zahnarztes Dr. Christoph Hils gehören 14 ehrenamtlich engagierte Zahnärztinnen und Zahnärzte, die als regionale Koordinatoren in zwölf Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin/Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) fungieren. In Kooperation mit den jewei- ligen „Special Olympics“-Landesverbänden organisieren sie ein- bis zweimal jährlich die Angebote. Unterstützt werden sie dabei vor Ort durch viele Zahnmediziner, Studierende und zahnmedizinisches Fachpersonal. Alle, die einmal als Helfende dabei waren, sind sich einig, dass sie auf diese Erlebnisse und Erfahrungen nicht verzichten wollen: Wie viel sich Menschen mit und ohne geistige Behinderung geben können, wie viel sie gegenseitig voneinander lernen und wie viel Lebensfreude sie miteinander haben können! „Viele Kollegen berichten“, erzählt Hils, „dass so ein Event mit dieser besonderen Klientel eine ganz besondere Atmosphäre schafft. Sie kommen deshalb gern. Viele nehmen dafür Urlaub, schließen ihre Praxen und bringen auch ihre Mitarbeiterinnen mit! Das bietet uns die Möglichkeit, zahn- medizinische Teams für die besonderen Belange von Menschen mit geistiger Behin- derung zu sensibilisieren und ihre Kompe- tenzen zu steigern.“ Bereits 2010 wurde eine Kooperationsver- einbarung mit der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) geschlossen. Inzwischen bestehen regionale Kooperationen zwischen Landes- zahnärztekammern und „Special Olympics“- Landesverbänden, etwa in Baden-Württem- berg, im Saarland und in Niedersachsen. Wissenschaftlich arbeitet Special Smiles unter anderem mit den Universitäten Göttingen, Jena, Mainz, München, Witten-Herdecke so- wie mit der AG Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizi- nischem Unterstützungsbedarf in der Deut- schen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Auch die Mitarbeit in gesundheitspolitischen Gremien und Netzwerken und die Präsenta- tion von Ergebnissen des „Special Smiles“- Programms haben nach langjährigen Be- mühungen maßgeblich zur Einführung des § 22a SGB V mit dem Versorgungsstruktur- gesetz im Jahr 2015 mit dem gesetzlich garantierten Leistungsanspruch für zahn- medizinische Prophylaxeleistungen für Erwachsene mit Behinderung und Pflege- bedarf geführt. Seit Inkrafttreten der Richt- linie am 1. Juli 2018 erhalten die Anspruchs- berechtigten erstmals in Deutschland nach- teilsausgleichende zusätzliche präventive zahnmedizinische Leistungen, die durch die behandelnden Zahnärzte über die gesetz- lichen Krankenkassen zweimal jährlich ab- gerechnet werden können. Dr. Imke Kaschke MPH Leiterin Gesundheit Special Olympics Deutschland e. V. Eva Rober untersucht die Athletin Nadine Brückner bei Special Smiles bei den Special Olympics 2017 in Willingen. Foto: SOD, Stephanie Reiner Zum Jahresende 2017 lebten rund 7,8 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt waren somit 9,4 Prozent der Bevölkerung schwerbehindert. Dazu zählen auch etwa 420.000 Menschen mit geistiger Behinderung. Auch zehn Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention bestehen in Deutschland „Lücken“ bei deren gesundheitlicher Betreuung. Sie weisen in vielen Bereichen eine schlechtere Gesundheit auf und haben ein höheres Risiko für zusätzliche gesundheitliche Einschränkungen. Die epidemiologische Datenlage weist insbesondere auf die Notwendigkeit der Verbesserung der behinderungs- gerechten Präventions- und Gesund- heitsförderung hin. \ Ihnen geht es in vielen Bereichen gesundheitlich schlechter 79

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