Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1564) kleiner Hersteller bekannt, die sich ganz vom Markt zurückgezogen haben oder dies beabsichtigen. Was dies für die betroffenen Patienten bedeutet, mag man sich lieber nicht ausmalen. Wie wirkt sich die Verordnung auf Hersteller aus außereuropäischen Ländern – Asien, Amerika etc. – aus, die ihre Medizinprodukte nach Europa exportieren? Diese Hersteller müssen sich den neuen Gegebenheiten anpassen. Im Übrigen wer- den Importeure mit Blick auf ihre Pflichten nach der MDR wie Hersteller behandelt. Nach Einschätzung der Industrie- verbände Spectaris und BVMed, die gestützt werden von Marktbefragun- gen – u. a. vom Fraunhofer-Institut, zeichnet sich ab, dass 40 Prozent der Firmen ihre auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte bereits gekündigt haben. Wirkt sich die MDR als Innovationsbremse aus? Ja, mehr Produktsicherheit hat ihren Preis. Je höher die regulatorischen Hürden, desto kostenintensiver ist der Zertifizierungs- prozess und desto später ist das innovative ? ? Produkt beim Patienten. Dieser Zusammen- hang wird in der öffentlichen Diskussion leider häufig übersehen. Im Übrigen ist es sehr die Frage, ob die MDR tatsächlich bei allen ihren Regelungen mehr Patienten- sicherheit oder nicht vielmehr nur mehr bürokratischen Aufwand generiert. Wer und wo sind die „Benannten Stellen“ (Notified Bodies), die die Konsultationsverfahren im Zusammenhang mit der klinischen Bewertung für Produkte der Klasse IIb und Implantate der Klasse III genehmigen bzw. die Einhaltung der umfangreichen Regelungen überwachen? Nach aktuellem Stand (Ende Mai 2019) sind bislang nur zwei Stellen nach neuem Recht aktuell akkreditiert: BSI (London) und TÜV Product Service (München). Die jeweilige Zertifzierungsbefugnis richtet sich nicht nach Risikoklassen, sondern Produkt- kategorien und technischen Querschnitts- kompetenzen. Mit der Vermarktung von nach altem Recht zertifizierten Produkten ist spätestens im Mai 2024 ? ? endgültig Schluss. Wie weit sind Ihrer Erfahrung nach die Hersteller in der Umsetzung der MDR? Wie vorhin schon angedeutet, sind große Hersteller schon relativ gut vorbereitet. Mancher kleine Hersteller scheint eher eine Vogel-Strauß-Politik zu betreiben, die freilich auch oft einem Mangel an qualifiziertem Personal auf dem Arbeitsmarkt geschuldet ist. In welchem Umfang ist die Zahnmedizin, respektive die orale Implantologie, von der EU-Verordnung betroffen? Implantologen mit Eigenlaboren sind Her- steller von Sonderanfertigungen. Für sie gibt es keine Übergangsregelung. Sie müssen also ab dem 26. Mai 2020, zum Beispiel in Bezug auf klinische Bewertungen, genau die gleichen Anforderungen erfüllen wie Hersteller seriell beziehungsweise industriell hergestellter Medizinprodukte. Mit der kli- nischen Bewertung ist es aber nicht getan. Unter dem Begriff „Post-Market Surveil- lance“ (PMS) fordert die MDR, dass der Implantologe auch nach der Implantation weiter beobachtet, ob die Sicherheit und ? Nach der geltenden europäischen und nationalen Gesetzgebung und auch der neuen europäischen Medizinprodukte- verordnung (MDR) sind Zahntechniker und Zahnärzte mit Eigenlabor Hersteller von Sonderanfertigungen. Ob die Implan- tologie zum Leistungsspektrum der Praxis gehört, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Medizinprodukte dürfen nur mit CE-Kenn- zeichnung auf den europäischen Markt gebracht werden. Ab der Risikoklasse 2 be- nötigt der Hersteller dafür eine benannte Stelle. Da durch die Vorschaltung eines solchen Verfahrens die Anfertigung zum Beispiel von Zahnersatz praktisch un- möglich wäre, sind „Sonderanfertiger“ von dieser Verpflichtung befreit. Nun fordert die MDR allgemein von Medizin- produkteherstellern, vor dem Inverkehr- bringen ihrer Erzeugnisse eine klinische Bewertung und über den gesamten Produktionszeitraum eine „Post-Market Surveillance“ durchzuführen. Für neue, industriell gefertigte Medizinprodukte sind dies sinnvolle und notwendige Maßnahmen, um die Patientensicherheit fortwährend zu gewährleisten. Auch wenn der (europäische) Gesetzgeber hier keine Unterscheidung zwischen den Herstellern trifft, muss allen Akteuren klar sein, dass die Umsetzung auf dem Gebiet der Zahntechnik nur spezifisch erfolgen kann. Der Zahntechniker fertigt den Zahn- ersatz auf Verordnung des Zahnarztes und muss bei der Auswahl von Werkstoffen und Herstellungsverfahren den Stand von Wissenschaft und Technik einhalten und die Konformität mit den grundlegenden Anforderungen bescheinigen. Da er selbst keinen Patientenkontakt hat, erfolgt die „Post-Market Surveillance“ in Zusammen- arbeit mit dem Zahnarzt. Bereits heute müssen nach MDR alle Hersteller, Anwender und Betreiber von Medizinprodukten Vorkommnisse mel- den, die zum Tode oder zur schwer- wiegenden Verschlechterung des Gesund- heitszustands geführt haben oder hätten führen können. Bundeszahnärztekammer Abteilung Zahnärztliche Berufsausübung Eine „Post-Market Surveillance“ industriell gefertigter Medizinprodukte ist sinnvoll BZÄK-S TATEMENT 18 Politik
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