Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1568) dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern ohne Nachweis einer ent- sprechenden fachlichen Eignung erbracht werden können, lasse im Hinblick auf das mit den Mindestsätzen verfolgte Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu erhalten, eine Inkohärenz in der deutschen Regelung erkennen. So stellte der EuGH stellt in seiner Urteils- begründung fest, dass solche Mindestsätze nicht geeignet sein können, ein solches Ziel zu erreichen, wenn für die Vornahme der Leistungen, die diesen Mindestsätzen unter- liegen, selbst keine Mindestgarantien gelten, die die Qualität dieser Leistungen gewähr- leisten können. Es sei daher nicht gelungen, nachzuweisen, dass die in der HOAI vorge- sehenen Mindestsätze geeignet sind, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten und den Verbraucherschutz sicherzustellen. Demgegenüber könnten die von Deutsch- land ebenfalls geltend gemachten Höchst- sätze laut EuGH zum Verbraucherschutz beitragen, indem die Transparenz der von den Dienstleistungserbringern angebotenen Preise erhöht wird und diese daran gehindert werden, überhöhte Honorare zu fordern. Deutschland habe jedoch nicht begründet, weshalb die von der Kommission vorge- schlagene Maßnahme, Kunden stattdessen Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI genannten Leistungskatego- rien zu bieten, nicht ausreicht, um dieses Ziel zu erreichen. Folglich könne das Erfor- dernis, Höchstsätze festzulegen, im Hinblick auf dieses Ziel nicht als verhältnismäßig an- gesehen werden. Hintergrund: Die Klage der EU-Kommission Die Europäische Kommission hatte die Klage (Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV), unterstützt von Ungarn, am 23. Juni 2017 beim EuGH eingereicht. Sie hatte darin geltend gemacht, dass die HOAI eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit enthalte, die nicht durch die – von Deutsch- land geltend gemachten – Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden könne. Der Kommission zufolge hindere das System von Mindest- und Höchsthonoraren neue Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten am Zugang zum deutschen Markt. Mit den von der Bundesrepublik Deutschland ange- führten Studien ließe sich zudem nicht nachweisen, dass zwischen den Preisen der Dienstleistungen und ihrer Qualität ein Zusammenhang besteht. Die Kommission vertrat die Ansicht, dass Honorarregelungen in der HOAI ungeeignet seien, um die Ver- braucher zu schützen, da sie sie nicht über die Angemessenheit angebotener Preise informierten und sie nicht in die Lage ver- setzten, die abgerechneten Beträge zu prüfen. Die Honorare für Architekten und Ingenieure sind durch die Honorarordnung für Architek- ten und Ingenieure (HOAI) vom 10. Juli 2013 geregelt. ck Europäischer Gerichtshof: Rechtssache C377/17 vom 4. Juli 2019 „Eine staatliche Gebührenordnung wie die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfüllt eine doppelte Schutzfunktion: Durch Festschreibung von Höchstsätzen schützt sie die Patienten vor wirtschaftli- cher Überforderung, durch Festlegung von Mindestsätzen schützt sie vor unan- gemessenen Dumpingpreisen und damit vor eventuell nicht qualitätsgesicherten Leistungen. Der Europäische Gerichtshof hat diese Schutzzwecke in seiner Entscheidung zur Honorarordnung für Architekten und In- genieure grundsätzlich anerkannt. Er hält die HOAI imWesentlichen deshalb für un- verhältnismäßig, weil die Planungsleis- tungen nicht ausschließlich von Architek- ten und Ingenieuren erbracht werden dürfen, sondern auch von Personen, die ihre fachlichen Qualifikationen nicht nachgewiesen haben. Die ärztliche Ge- sundheitsversorgung in Deutschland ist Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Nach Auffassung der Bundesärztekammer hat die Entscheidung des EUGH daher keine Auswirkungen auf die GOÄ.“ \ Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt „Die Entscheidung hat keine Auswirkungen auf die GOÄ“ Bundesärztekammer „Am 4. Juli fällte der Europäische Ge- richtshof (EuGH) sein Urteil in dem gegen Deutschland laufenden Vertragsverlet- zungsverfahren. Gegenstand waren die in der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) festge- legten Mindest- und Höchstgebühren. Die Richter bestätigten die Rechtsansicht der Europäischen Kommission und gaben der Klage gegen Deutschland statt. Die festen HOAI-Gebühren sind nicht mit den Vorgaben der EU-Dienstleistungs- richtlinie vereinbar, weil sie ausländischen Ingenieuren und Architekten nicht die Möglichkeit gäben, sich über niedrigere Preise auf dem deutschen Markt zu etab- lieren. Die BZÄK kritisiert die Entschei- dung. ‚Gebührenordnungen schaffen Transparenz für die Verbraucher und le- gen offen, mit welchen Kosten bei einem Freiberufler zu rechnen ist. Dies nützt bei- den Seiten‘, so BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Das Vertragsverletzungsverfahren er- streckt sich nicht auf die Gebührenord- nungen der Heilberufe, da der Gesund- heitssektor vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen ist. Gleichwohl beobachtet die BZÄK dies mit Interesse. Die Bundesregierung hatte sich für die Beibehaltung der HOAI-Vorschriften aus- gesprochen. Der Erhalt sei aus ihrer Sicht und der der Berufsverbände wichtig, da ein Garant für Planungsqualität und Ver- braucherschutz.“ \ „Gebührenordnungen schaffen Transparenz für die Verbraucher“ Bundeszahnärztekammer 22 Politik
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