Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1576) Im vergangenen Jahr hatte sich eine Kölner Hautärztin vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gegen jameda durchgesetzt, weil sie nicht wollte, dass das Bewertungsportal sei- nen Nutzern ein Profil mit ihren Praxisdaten anbietet [BGH, 2018]. jameda hatte die Lö- schung ihres Profils abgelehnt. Die Ärztin berief sich darauf, dass ihre Daten nicht ohne ihre Zustimmung genutzt werden dürften. Hauptargument von jameda: Das Portal soll eine vollständige Auflistung aller Ärzte bereithalten dürfen, um „Leistungs- transparenz im Gesundheitswesen“ zu schaffen. Daher dürfe es nicht nur Profile für seine zahlenden Kunden, sondern für alle Ärzte anlegen. Der BGH sah das anders: jameda verhalte sich nicht (mehr) neutral und verschaffe zahlenden Kunden „ver- deckte Vorteile“. Daher durften die Daten der Ärztin nicht ohne ihre Zustimmung ver- wendet werden. Das Portal listet nach wie vor alle Ärzte Doch nach wie vor sind in dem Portal alle niedergelassenen Ärzte aufgeführt und kön- nen dort anonym bewertet werden. Wer sich gegenüber jameda auf die BGH-Ent- scheidung beruft und eine Löschung des Profils verlangt, wird abgewiesen. jameda verweist darauf, eine vom BGH beanstandete Werbung auf den Profilen von Nicht-Kunden beseitigt wie auch andere Details in der Pro- fildarstellung geändert zu haben. jameda sei weiterhin „unverzichtbare Mittelsperson“ für den Austausch von Patientenerfahrungen. Die Ärzte, die eine Profillöschung verlangen, berufen sich demgegenüber auf mangelnde Neutralität, soweit die Möglichkeit, gegen Entgelt das eigene Profil aufbessern zu kön- nen, für den Portalnutzer nicht erkennbar ist und daher bezahlte Einträge attraktiver als die „Zwangsprofile“ sind. Inzwischen waren wieder die Gerichte mit dieser Frage befasst. In drei Entscheidungen aus diesem Jahr wurde erneut den Ärzten Recht gegeben [LG Bonn, Wuppertal, 2019]. In ihren Klagen hatten zwei Zahnärzte und eine Heilpraktikerin vorgetragen, dass die Veränderungen auf dem Portal nicht den von jameda behaupteten Effekt hätten. Wei- terhin benutze jameda die ungewollt ange- legten „Basis-Profile“, um für die zahlenden Kunden (indirekt) Werbung zu machen, zum Beispiel durch das Einblenden von Hinweisen auf „Ärzte für spezielle Behandlungsgebiete“, was bei den Premium-Kunden unterbleibt. Außerdem verschaffe jameda den Profilen zahlender Kunden höhere Aufmerksamkeit durch die Möglichkeit, die Darstellung durch ein Porträtbild, einen ansprechenden Text und verschiedene andere Elemente auf- zuwerten. Nach Ansicht der Kläger liegen die Voraussetzungen für eine Datennutzung ohne Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO nicht vor. Nach dieser Regelung wäre eine Nutzung „zur Wahrung der berechtigten Interessen“ von jameda nur zulässig, wenn nicht die Interessen der be- troffenen Ärzte überwiegen. Aufgrund der Vermischung der Gemeinwohlinteressen mit den kommerziellen Zielen der Plattform wäre deren Höherbewertung aber nicht zu rechtfertigen. jameda dagegen versucht weiterhin den Gedanken der Transparenz nach vorne zu stellen: Man wolle den Menschen eine Übersicht über die in Deutschland tätigen Ärzte verschaffen und eine Entscheidungs- hilfe bei der Arztwahl bieten und bewege sich damit im Rahmen des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit. Hinsichtlich der Bewer- tungen verhalte man sich neutral. Portal- nutzer würden durch die Einblendung von „Premiumfähnchen“ darauf hingewiesen, wenn es sich um bezahlte Profile handele, und verdeckte Vorteile im Sinne der BGH- Entscheidung würden nicht gewährt. Daher bestünde kein Anspruch auf Profillöschung. Trotz aller Anpassungen ist jameda nicht neutral Die Gerichte mussten eine Interessenabwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Ärzte und der Kom- munikationsfreiheit, auf die sich jameda stützt, vornehmen. Diese fiel im Ergebnis zugunsten der Ärzte aus, denn trotz der diversen An- passungen in dem Portal verhalte sich jameda „nicht wie ein neutraler Informationsmittler“ und gewähre zahlenden Kunden zahlreiche verdeckte (und auch nicht verdeckte) Vorteile, ohne dass für den Portalnutzer deutlich werde, dass die ansprechend ausgestalteten Premium- Profile eine bezahlte Leistung sind. Auch die „Premiumfähnchen“ seien nicht geeignet, für eine hinreichende Aufklärung zu sorgen. Berücksichtigt wurde unter anderem auch, dass sich Ärzte durch die unterschiedliche Gestaltung der Profile zu einer Mitglied- schaft gedrängt fühlen könnten. Noch ist die Angelegenheit aber nicht end- gültig geklärt – jameda ist in allen Verfahren in Berufung gegangen, so dass nun die Oberlandesgerichte entscheiden werden. Im Herbst geht es weiter. Dr. Frauke Schmid-Petersen Höcker Rechtsanwälte Friesenplatz 1, 50672 Köln Die Autorin ist Rechtsanwältin, seit 1999 auf dem Gebiet des Medienrechts tätig und war in den genannten Verfahren als Prozess- vertreterin für die jeweiligen Ärzte tätig. Literatur: - BGH, Urteil vom 20.2.2018, Az.: VI ZR 30/17. - LG Bonn, Urteile vom 28.3.2019, Az.: 18 O 143/18, und vom 29.3.2019, Az.: 9 O 157/18 - LG Wuppertal, Urteil vom 29.03.2019, Az.: 17 O 178/18. Aktuelle Urteile jameda verliert gegen klagende Zahnärzte Der Streit geht weiter: Können Ärzte ihre Adressen aus dem Onlineangebot von jameda löschen lassen? jameda weigert sich. Zwei Zahnärzte und eine Heilpraktikerin haben sich dagegen gewehrt, geklagt und Recht bekommen. Foto: Adobe.Stock - fotogestoeber 30 Politik

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