Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1583) längerung des Lebens. Er stellte die Hypo- these auf, dass der vermehrte Verzehr von mit Milchsäure-produzierenden Bakterien angereicherten Nahrungsmitteln („Probio- tika“) den – für ihn nicht notwendigen – Alterungsprozess durch Hemmung von Ent- zündungsvorgängen herauszögern könnte. Er stützte sich dabei auf die Beobachtung einer überdurchschnittlich hohen Lebens- erwartung bei bulgarischen Bergbauern, die sich zu einem großen Anteil von fermentier- ten Milchprodukten ernährten. Sehr humorvoll beschreibt der Mikrobiologe G. W. Tannock die Wirkung von Probiotika: „They go in at one end of the digestive tract and come out the other, and hopefully something good happens along the way“ [Tannock, 2005]. Im Rahmen eines Joint Workshops der Ernährungs- und Landwirt- schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) [Food and Agricultural Organization of the United Nations and World Health Or- ganization, 2002] definierten die beteiligten Institutionen Probiotika als „lebende bzw. lebensfähige Mikroorganismen, die für den Wirt einen gesundheitlichen Nutzen haben, wenn sie in ausreichender Menge ver- abreicht werden beziehungsweise in den Darm gelangen“. Die Bezeichnung „Pro- biotika“ („für das Leben“) ist eigentlich ein Kunstwort und sollte ursprünglich als Pen- dant zu den Antibiotika etabliert werden. Darunter fällt eine große Bandbreite von Bakterien, insbesondere die am längsten als Probiotika angewendeten Milchsäure- produzierenden Bakterien wie Lactobacillus und Bifidobacterium spp., aber auch andere Bakterien wie zum Beispiel Enterococcus faecalis sowie Hefen (Hefepilze). Von den Fortbildung „Ernährung und Mundgesundheit“ Probiotika und Mundgesundheit Im Jahr 2015 zeigte der weltweite Markt um probiotische Produkte ein Volumen von 35 Milliarden US-Dollar und ein bemerkens- wertes globales Wachstum von etwa 7 Pro- zent. [Global Industry Analysis Report, 2012]. In Deutschland konsumierten im Jahr 2018 Umfragen zufolge 3,21 Millionen Ver- braucher im Alter von über 14 Jahren täglich oder mehrmals pro Woche probiotische Milchprodukte wie beispielsweise Joghurt, Trinkjoghurt oder Quark [Statista report, 2018]. Damit haben Probiotika mittlerweile eine erhebliche Bedeutung erlangt und es steht die Frage im Raum, in welcher Weise dieser Wandel in den Ernährungsgewohn- heiten die oralen Verhältnisse beeinflusst. Was sind „Probiotika“? Der Immunologe und Nobelpreisträger Ilja Iljitsch Metschnikow (1845–1916) gilt als Urvater der Anwendung von Probiotika zur Verbesserung der Gesundheit und zur Ver- Nicole Arweiler Der weltweite Markt rund um probiotische Produkte zeigt ein immenses Wachstum. Da es sich meist um Nahrungsergänzungsmittel handelt, werden kaum wissenschaftliche Fakten gefordert. Während lange Zeit vor allem die Wirkung auf den Darm und dessen Mikrobiom im Fokus stand, werden Pro- biotika-Produkte mittlerweile auch verstärkt zur Förderung der Mundgesundheit beworben. Ob und welchen Nutzen Probiotika auf die Mundgesundheit haben können – diese Frage wird im nachfolgenden Beitrag erörtert. Foto: New Africa – stock.adobe.com 37
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