Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1590) „Seuche“, „Epidemie“, „der neue Tabak“ – Zucker steht in der Kritik. Dabei sind es vor allem die freien und zugesetzten Zucker, aber auch intrinsische und Milchzucker, die zu unserem Zuckerkonsum beitragen (Ab- bildung 1). Insgesamt nimmt jeder Europäer im Durchschnitt mehr als 20 Prozent seines Tagesenergiebedarfs mit Zucker, also Mono- oder Disacchariden, zu sich [Azaïs-Braesco et al., 2017]. Weltweit werden pro Jahr 24 kg Zucker pro Kopf konsumiert, wobei sich der Verbrauch in Afrika und Asien auf jeweils circa 17 kg, in Amerika und Europa dagegen auf 44 und 37 kg beläuft [Moynihan et al., 2018] – fast ein Zementsack voller Zucker pro Kopf und Jahr. Die WHO empfiehlt hin- gegen, nur zehn Prozent des Tagesbedarfs an Energie mit Zuckern zu decken, idealer- weise sollte dies sogar auf fünf Prozent begrenzt werden [Moynihan et al., 2018; [Moynihan et al., 2014]. Ein Treiber dieses hohen Zuckerkonsums: Zucker ist günstig; er dient als Süßstoff, der zudem konserviert. Nachweislich ist der Preis für Zucker und zuckersüße Lebens- mittel, vor allem für mit Zucker gesüßte Ge- tränke (sugar-sweetened beverages, SSBs) seit Jahren weniger stark als die Inflation ge- stiegen; Zucker wird künstlich durch die Hersteller verbilligt [Pomeranz, 2012]. Dies erklärt auch teilweise, warum der Zucker- konsum zudem sozial schief verteilt ist. Junge Menschen aus bildungsfernen Schichten beziehungsweise mit niedrigem Einkom- men sind übermäßige Zuckerkonsumenten. Männer konsumieren mehr Zucker als Frauen. Diese Gradienten kommen vor allem bei SSBs zum Tragen [Max Rubner-Institut, 2008]. Gerade die SSBs stehen neuerdings im Fokus, unter anderem weil sie ein rapide wachsendes, globales Problem sind. In den USA, dem Land der „Soft Drinks“ (Cola- Fanta-Sprite), haben SSBs 1965 nur 2,5 Pro- zent der Tagesenergiemenge gedeckt; 2000 waren es fast zehn Prozent – genauso viel, Fortbildung „Ernährung und Mundgesundheit“ Zucker – der neue Tabak? Maßnahmen zur Begrenzung des hohen Zuckerkonsums Falk Schwendicke Immer wieder wird in der Gesundheitspolitik heiß diskutiert, ob und in welcher Form Zwangsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung eingesetzt werden sollen. Ein Beispiel ist die sogenannte „Zuckersteuer“. Der Beitrag gibt einen Überblick über die gesundheitlichen Auswirkungen des gestiegenen Zuckerkonsums, zeigt auf, wie Zahnmediziner hier Einfluss nehmen können, und beschreibt, welche Chancen die möglichen Maßnahmen zur Reduktion des Zuckerkonsums bieten. Foto: profdr – stock.adobe.com 44 Fortbildung Ernährung und Mundgesundheit

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