Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1593) Reduktion der Zuckerzufuhr, langfristig je- doch weniger. Zudem kommt es zu Aus- weicheffekten: Statt SSBs werden beispiels- weise vermehrt Fruchtsäfte, die auch kalo- risch und kariogen sind, konsumiert [Avery et al., 2015]. Die Zurverfügungstellung kos- tenlosen Trinkwassers (in Flaschen oder aus Brunnen) kann wirksam sein, um einerseits generell den Wasserkonsum zu erhöhen und andererseits den Konsum von SSBs zu reduzieren. Solche Programme sind jedoch teils relativ kostenintensiv [Avery et al., 2015]. Deutlich günstiger, aber ebenfalls wirksam ist die Steuerung des Nahrungs- angebots in Schulen (oder Betrieben); die Umstellung der an Getränkeautomaten an- gebotenen Getränke ist teilweise nahezu kostenfrei und ebenso wirksam; gleiches gilt für Speiseautomaten [Avery et al., 2015]. Diese Maßnahmen können nachweislich eine Gewichtsabnahme und eine Reduktion des Körperfettanteils bewirken. Auch hier ist aber gerade wieder bei der Hochrisiko- gruppe ein Ausweichverhalten wahrschein- lich – Getränke werden dann extern gekauft oder von zu Hause mitgebracht [Avery et al., 2015]. Die kostenlose Anlieferung gesunder Ge- tränke nach Hause wurde ebenfalls bereits getestet. Diese reduziert so lange, wie die Getränke in der Tat angeliefert werden, massiv den Konsum von SSBs. Sie führt auch zu einer Gewichtsabnahme. Erneut ist aber eine Langfristwirkung nur schwer zu erreichen; vor allem, wenn die Lieferung eingestellt wird, ist ein „Rückfall“ in alte Verhaltensmuster wahrscheinlich [Avery et al., 2015]. Insgesamt scheinen Maßnahmen zur Opti- mierung der Umweltbedingungen („ein gesundes Verhalten ermöglichen“) wirksam zu sein. Sie leiden aber auch unter einer begrenzten Nachhaltigkeit [Vezina-Im et al., 2017]. Gesetzgebung und Regulation Um die teils enormen Kosten solcher lokalen Maßnahmen sowie Rückfalleffekte zu ver- meiden, sind seit einigen Jahren vermehrt gesetzgeberische beziehungsweise im wei- teren Sinne „regulatorische“ Maßnahmen in der Diskussion. Ein drastisches Beispiel in dieser Kategorie sind Verbote bestimmter Getränke (Red Bull, Alcopops) [Pomeranz, 2012]. Auch die sogenannte Reformulie- rung, also die schrittweise Neu-Zusammen- setzung von Nahrungsmitteln durch die Hersteller mit dem Ziel, gesündere Produkte anzubieten, fällt in diese Kategorie. Oftmals betreiben Hersteller diese Reformulierung bereits vor einer gesetzgeberischen Inter- vention, um dieser auszuweichen, oder beugen sich öffentlichem Druck. Auch die Begrenzung von Packungsgrößen kann eine sinnvolle Maßnahme zur Ernährungs- steuerung sein: Seit den 70er-Jahren sind Abbildung 2: Beispiele für „Zuckerfallen“ Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Gesellschaft für Gesundheitsberatung GGB e.V., www.gesundheitsberatung.de, und des emu-Verlags, www.emu-verlag.de 47

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=