Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14
zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1552) Dr. Peter Engel Präsident der Bundes- zahnärztekammer Foto: BZÄK-Axentis.de ” Es ist vor allem die zuneh- mende Kommerzialisierung im zahnärztlichen Berufsstand, die uns mit tiefer Sorge erfüllt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem das Terminservice- und Versor- gungsgesetz (TSVG) nun in Kraft getreten ist, wird es Zeit zu schauen, welche Effekte sich daraus für die Entwicklung der Beteili- gungen von Fremdinvestoren an Zahnarzt- praxen ergeben. Wir erinnern uns: Das im März im Bundestag verabschiedete Gesetz enthält Beschränkungen für Investoren- MVZ, die deren Zahnarztzahlen je nach Versorgungsgrad im jeweiligen Planungs- bereich auf einen Anteil von 5, 10 oder 20 Prozent begrenzen. Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in den standespolitischen Vertretungen mehr erhofft hatten. Aber wir sind froh, dass der Gesetzgeber hier einen ersten Aufschlag vorgelegt hat. Wie wirken sich nun die neuen TSVG- Regelungen zu den Investoren-MVZ aus? Nach der Verabschiedung des Gesetzes gab es gemischte Reaktionen seitens der Investoren. Einig war man sich in der Branche mit der Einschätzung, dass es für die Investoren weit schlimmer hätte kom- men können. Dem Beratungsunternehmen Capitalmind zufolge besteht „unverändert ein sehr großes Potenzial für die Konsoli- dierung im zahnärztlichen Bereich“. Die Analysten rechnen in einem aktuellen Bericht vor, dass ein Investor bundesweit immer noch etwa 4.000 Zahnärzte in einer Trägerstruktur anstellen könne. Wohl- gemerkt, dabei handelt es sich nach den Informationen des Beratungsunternehmens um das Potenzial eines einzigen Investors. Zählt man nur die zehn bekannten, im Dentalmarkt aktiven Investoren in Deutschland zusammen, könnten diese theoretisch Marktanteile von über 50 Prozent erreichen. Bereits aus diesen Zahlen wird deutlich, dass uns das Thema weiter beschäftigen wird. Unter anderem auch deshalb, weil quantitative Limitierungen das Problem zwar einhegen, aber letztlich nicht lösen können. Der Bonner Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Gregor Thüsing hat in einem kürz- lich erschienenen Beitrag für die „Neue Zeitschrift für Sozialrecht“ die Gründe sehr deutlich benannt: Mit dem TSVG sollte „verhindert werden, dass fremdem Kapital- geber weisungsgebundene Zahnärzte zur Steigerung der Rentabilität mit unzulässigem Druck zu unethischen Praktiken angehalten werden könnten: ‚Bei uns nur die teureren Kronen‘. Gefährdungen der Therapiefreiheit sind Gefährdungen des Patienten.“ Ange- sichts dieses angepeilten Ziels fragt Thüsing, „ob der Gesetzgeber hier nicht auf halbem Weg stehengeblieben ist.“ Damit spricht der Rechtswissenschaftler, der unter anderem Mitglied der wissen- schaftlichen Kommission des Bundes- gesundheitsministeriums zur ärztlichen Honorierung ist, uns Zahnärzten aus dem Herzen. Es ist vor allem die zunehmende Kommerzialisierung im zahnärztlichen Berufsstand, die uns mit tiefer Sorge erfüllt und den Hintergrund für unsere Positionen zu Fremdinvestoren in der Zahnmedizin bildet. In Paragraf 1 des Zahnheilkunde- gesetzes heißt es: „Die Ausübung der Zahnheilkunde ist kein Gewerbe.“ Dazu stehen wir und ich denke, keiner der gesundheitspolitischen Akteure möchte von diesem Paradigma abrücken, das der Gesetzgeber einst zuvorderst im Sinne des Patientenschutzes formuliert hat. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklungen rund um die Fremd- investoren, die im Gegensatz zu den gesetz- lichen Intentionen eben die Zahnmedizin als Gewerbe für sich entdecken, eine Präzisierung der gesetzlichen Regelungen geradezu herausfordern. Deshalb plädieren wir für eine Ergänzung des Zahnheilkunde- gesetzes. Danach sollten Zahnarztgesell- schaften als juristische Personen des Privat- rechts ausschließlich von Zahnärzten be- trieben werden können, die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte bei Zahnärzten liegen und Dritte nicht am Gewinn beteiligt sein – eine Regelung übrigens, wie sie bei allen anderen Freien Berufen schon besteht. Mit einer solchen Ergänzung wäre sichergestellt, dass weiter- hin die Zahnmedizin und nicht die Mer- kantilisierung in der Patientenbehandlung die entscheidende Rolle spielt. Fremdinvestoren: Patientenschutz berufsrechtlich absichern 6 Leitartikel
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