Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1609) häuslichen Aktivitäten und der Mobilität einher [Cohen-Mansfield et al., 2013]. All diese Faktoren können mit Ernährungs- aspekten vergesellschaftet sein. Veränderung mit dem Alter Die Zusammensetzung des Körpers ist im Laufe des Lebens deutlichen Veränderungen unterworfen. Bis zum 70. Lebensjahr reduziert sich die Muskelmasse um etwa 25 Prozent, bis zum 80. Lebensjahr sogar um bis zu 50 Prozent, zudem nimmt der Körperwasser- anteil um 17 Prozent ab. Beides geschieht zugunsten des Körperfettanteils, der um et- wa 35 Prozent zunimmt [Cohn et al., 1980]. Diese Verschiebung hat einen wesentlichen Einfluss auf den Energiebedarf: Der Grund- umsatz reduziert sich zwischen dem 30. und dem 80. Lebensjahr um etwa 12 Prozent. Mit der Reduktion der Muskelmasse geht zudem oft eine Reduktion der allgemeinen physischen Aktivität einher, sodass der Energiebedarf für körperliche Aktivitäten um etwa 35 Prozent fällt, bei völliger Immo- bilität sogar noch stärker [Volkert, 2015]. Der Bedarf an Mikronährstoffen verändert sich nur wenig, ebenso die Leistung des Gastrointestinaltrakts. Man geht daher da- von aus, dass die Mikronährstoffe vergleich- bar resorbiert werden können, sodass sich Empfehlungen dazu nur geringfügig verän- dern; lediglich für Frauen jenseits der Meno- pause gelten deutlich reduzierte Zufuhr- mengen für Eisen [Britton und McLaughlin, 2013]. Liegen allerdings Grunderkrankun- gen vor, können sich die Voraussetzungen und damit der Bedarf an Mikronährstoffen grundlegend verändern. Die regelmäßige Einnahme von Protonen-Pumpen-Inhibito- ren (PPI), H2-Blockern und Metformin oder eine atrophische Gastritis führt zu einer Re- duktion der Vitamin B 12 -Resorption. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent der Senioren ganz unabhängig von ihrem Ernährungs- zustand eine Unterversorgung mit Vitamin B 12 aufweisen [Soysal et al., 2019]. Eine regelmäßige Kontrolle erscheint daher sehr sinnvoll, zumal Vitamin-B 12 -Mangelzustände mit Gefühlsstörungen in den Extremitäten sowie mit reduzierter Mobilität einhergehen können. Ein ebenso großer Teil der Senioren in Deutschland ist mit Vitamin D unterver- sorgt. Dieses Vitamin wird durch die Ernäh- rung in der Regel nur unzureichend zuge- führt. Hinzu kommt, dass die Bildungsfähig- keit von Vitamin D in der Haut mit dem Alter nachlässt. Zudem sind viele ältere Personen nur unzureichend der Sonne ausgesetzt, beispielsweise aufgrund von Mobilitäts- einschränkungen. Manche Ältere weisen außerdem eine Niereninsuffizienz auf, die zu einer veränderten Verstoffwechselung von Vitamin D führen kann [Strugnell et al., 2019; Wyskida et al., 2017]. Vitamin D spielt jedoch im gesamten Kalzium- und Phos- phatstoffwechsel und damit auch in der Osteoporoseprävention eine entscheidende Rolle [Harvey et al., 2017]. Zudem wird es mit Muskelkraft in Verbindung gebracht [Dzik und Kaczor, 2019]. Ein erheblicher Vitamin-D-Mangel kann zu einer Einschrän- kung in der Mobilität führen und die Sturz- neigung bei Senioren erhöhen [Bischoff- Ferrari et al., 2009]. Verschiedene Assozia- tionen zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und beispielsweise Krebserkrankungen, Re- generationsprozessen, Immunkompetenz und Diabetes mellitus werden diskutiert, allerdings ist die Datenlage nicht bei allen Assoziationen für Senioren eindeutig [Cashman und Kiely, 2019; Wyskida et al., 2017; Newberry et al., 2014]. Wichtig ist, dass bei Supplementation eine Überdosierung vermieden wird. Vor allem die Gabe von hochdosiertem Vitamin D sollte nur bei gleichzeitiger Überwachung des Blut-Vitamin- und des Blut-Kalzium- Spiegels erfolgen, da durch sehr hohe Vita- min-D-Serum-Spiegel eine Hyperkalzämie ausgelöst werden kann, die – vor allem im Alter – die Nieren schädigen kann [Malihi et al., 2019]. Als sicher erachtet werden von der Europäischen Lebensmittelbehörde für Heranwachsende und Erwachsene bis zu 4.000 IE/d, bei Senioren wurden zumeist nur niedrigere Dosen bewertet (bis 2.800 IE/d) und als wenig bedenklich erachtet [Malihi et al., 2019]. Die Deutsche Gesell- schaft für Ernährung (DGE) empfiehlt je- doch die maximale Zufuhr von 800 bis 1.000 IE pro Tag [German Nutrition Society, 2012], da vereinzelt Studien zeigen, dass mit höherem Serumspiegel das Sturzrisiko wieder steigt [Newberry et al., 2014]. Diese Angaben gelten, wenn keine allgemeinen Kontraindikationen für Vitamin D bestehen, wie beispielsweise eine Überfunktion der Nebenschilddrüse. Weitere kritische Nähr- stoffe im Alter sind die Vitamine B 6 und C, Folsäure und Kalzium sowie Proteine. Eine wichtige Rolle spielt auch der Wasserhaus- halt im alternden Körper. Fehl- und Mangel- ernährung Flüssigkeitsmangel Der Bedarf an Flüssigkeit verändert sich mit dem Alter nur geringfügig, etwa zwei Liter aus Getränken und Nahrung zusammen sind bei Senioren ausreichend [Deutsche Foto: Magryt – stock.adobe.com 63

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