Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 109, Nr. 14, 16.7.2019, (1613) sich eine Gewichtsreduktion besonders schwierig, da einem weiteren Abbau von Muskelmasse unter allen Umständen vorge- beugt werden muss. Gleichzeitig steht die- sem Risiko die Reduktion der Risikofaktoren für kardiovaskuläre, inflammatorische und metabolische Erkrankungen gegenüber. Bei gewichtsreduzierenden Maßnahmen sollten tägliche Energiedefizite von 250 bis 500 kcal nicht überschritten werden. Zudem sollte bei diesen Patienten ein besonderer Fokus auf die körperliche Mobilisierung (Kraft- training, Ausdauertraining) gelegt und die Proteinzufuhr zulasten der Kohlenhydrat- und der Fettzufuhr erhöht werden. Grunderkrankungen und Ernährung Verschiedene Erkrankungen sind mit Ver- änderungen im Hungerempfinden, der Nahrungsaufnahme und der Nahrungs- aufnahmefähigkeit assoziiert. Dazu zählen Erkrankungen, die mit Schluck- oder Kau- störungen einhergehen, Malabsorptionen oder Maldigestionen sowie degenerative neurologische Erkrankungen. Demenz Demenz ist eine chronisch degenerative Erkrankung, gekennzeichnet durch den Abbau von Nervenzellen mit dem Verlust wichtiger Gehirnfunktionen. Etwa 10 Pro- zent aller Personen über 65 Jahren leiden an Demenz – die Wahrscheinlichkeit zu erkran- ken steigt mit dem Alter an und verdoppelt sich etwa alle fünf Jahre [Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V., 2018]. Neben kognitiven Verlusten, Einschränkungen in der Mobilität sowie emotionalen und sozialen Verände- rungen treten bei Demenzpatienten regel- haft Veränderungen in der Ernährung auf, häufig ist das sogar eines der ersten Zei- chen. Kochen und Einkaufen fällt schwerer, die Nahrungsvielfalt wird kleiner, Essen und Trinken werden mitunter sogar vergessen. Hinzu kommt, dass vermutlich schon sehr früh die Degeneration im Hirn Auswirkun- gen auf das Esszentrum hat und sich damit das Hunger- und das Durstgefühl verän- dern. Zudem wird davon ausgegangen, dass sich das Geschmacksempfinden verän- dert und vor allem in frühen Stadien süße Speisen bevorzugt werden [Sakai et al., 2017; Cooper und Mungas, 1992]. Im späteren Verlauf kommen Agnosie und Apraxie dazu, einfache Abläufe wie das Erkennen von Nahrung oder die Bewegung der Nahrung zum Mund funktionieren nicht mehr; Signale wie ein knurrender Magen oder Durst werden nicht mehr mit der Not- wendigkeit der Nahrungsaufnahme in Ver- bindung gebracht. In der Spät- beziehungs- weise Endphase kommt oft eine Dysphagie hinzu. Eine Mangelernährung kann im Ver- lauf der Erkrankung bei etwa 15 Prozent, ein erhöhtes Risiko dafür in 44 Prozent der Fälle festgestellt werden [Volkert, 2015]. Im Anfangsstadium bewirken diese Ver- änderungen in der Nahrungsaufnahme in Zusammenhang mit einer meist sehr ein- geschränkten Mundhygienefähigkeit ein erhöhtes Kariesrisiko. Später, bei länger an- haltender Fehlernährung, können alle oben genannten Folgen auftreten, von einer Muskelschwäche und Sturzneigung über ein erhöhtes Infektionsrisiko bis hin zur Exsikkose. Letztere kann zusätzliche Ver- wirrtheitszustände bewirken (Delir), was die physische und die geistige Gesamtsituation eines an Demenz erkrankten Patienten ver- schlechtern kann [Wirth und Sieber, 2011]. Kaustörung Verschiedene Faktoren können einen Ein- fluss auf das Kauen haben. Dazu zählen ne- ben Lähmungen im Gesichtsbereich, Folgen eines Schlaganfalls, Tumorerkrankungen im Kopf-Hals-Bereich und degenerativen Er- krankungen im Kiefergelenk vor allem zahn- ärztlich relevante Faktoren – wie der Zahn- verlust, Schmerzen an den Zähnen und der Schleimhaut, eine insuffiziente Versorgung mit prothetischen Versorgungen, Pilzerkran- kungen und eine Xerostomie. Während die Folgen beispielsweise eines Schlaganfalls regelhaft durch intensive Rehabilitations- maßnahmen behandelt werden, stehen zahnmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bei älteren, vor allem pflegebedürftigen Pa- tienten nicht mehr an erster Stelle. Mit einer Veränderung der dentalen Situation gehen jedoch oftmals Veränderungen in der Nah- rungsauswahl einher. Faserreiche Speisen

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