Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 109, Nr. 15, 16.8.2019, (1739) zm 109, Nr. 15- 6 Beratung statt. Dabei wurden eine Eigen- und eine Familienanamnese erhoben und das Kind wurde körperlich untersucht. Hierbei fielen bei dem Mädchen neben der Oligo- dontie seitlich ausgedünnte Augenbrauen, weiche Fingernägel und dünne, brüchige Fußnägel mit nur rudimentärem Nagel auf beiden Kleinzehen auf. Seitens des Instituts für Humangenetik wurde den Eltern bei dieser Vorstellung eine Analyse bekannter, häufig mit einer Oligodontie/ED assoziierter Gene angeboten. Die Familie stimmte die- sem Vorschlag zu. Diagnose Wir vereinbarten mit der Mutter aufgrund der Demaskierung des Kindes durch die Zapfenzähne in der Front die Versorgung dieser Zähne mit Vollkeramikkronen und erstellten einen Heil- und Kostenplan [Ellis RK et al., 1992, Sakai VT et al., 2007, Till MJ et al., 1992]. Begleitend dazu empfahlen wir die Extraktion des persistierenden Milch- zahns 61, um die Einstellung des Zahns 21 in labialer Richtung durch den Zungendruck zu forcieren. Ende März 2018 erhielt die Familie das Gut- achten aus der genetischen Untersuchung. Durchgeführt wurden dabei eine Sequenz- analyse mittels NGS (next generation se- quencing) der Gene MSX1, PAX9, AXIN2, EDA, EDAR, EDARADD, LRP6 und WNT10A sowie eine Gendosisanalyse mittels MLPA (multiplex ligation-dependent probe ampli- fication) der Gene EDA, EDAR, EDARADD und WNT10A. Bei dem Mädchen wurde eine heterozygot vorliegende Mutation im EDARADD-Gen festgestellt, die in der Lite- ratur bereits als ursächlich für das Fehlen von Zähnen beschrieben wurde und mit der Ausprägung der ED Typ 11a (autosomal- dominat erbliche ED Typ 11A; ECTD11A; hypohidrotischer Haar-Zahn-Typ). Des Wei- teren wurden zwei ebenfalls in der Fach- literatur bereits beschriebene Mutationen in compound-Heterozygotie im WNT10A-Gen festgestellt, die zur autosomal-rezessiv erb- lichen Odonto-onycho-dermalen Dysplasie führen. Die Verdachtsdiagnose der ED konnte somit im Humangenetischen Institut in Münster (UKM) gesichert werden. Unterstützung der Eltern Während der gesamten Dauer – von der Äußerung der Verdachtsdiagnose bis hin zur sicheren Diagnosestellung – wurden die Eltern und das Kind bei dieser, für sie bis dato unbekannten Problematik unterstützt [Van Sickels JE et al., 2010, Till MJ et al., 1992]. Wir haben Therapiewege aufgezeigt und waren für alle Fragen und Sorgen der Familie und des Kindes da. Wir haben darüber hinaus angeboten, sich der Selbst- hilfegruppe für ED unter der Leitung von Andrea Burk (www.ektodermale-dysplasie. de) anzuschließen. Wir begrüßten in diesem Zusammenhang vor allem den Austausch mit anderen Eltern betroffener Kinder. Therapie Nach Genehmigung des aufgestellten HKP folgte die Besprechung mit der Zahntech- nikerin und der Familie bezüglich der pro- thetischen Versorgung der beiden Zapfen- zähne. Zapfenzahn 21 hatte sich zwischen- zeitlich weiter labial auf dem Alveolarkamm eingestellt. Nach abschließender Erläuterung der Vorgehensweise erfolgten eine Abfor- mung mit Impregum (3M Espe, Seefeld, Deutschland), ein Gegenkieferabdruck mit Alginat (Omnident, Rodgau, Deutschland) und eine Bissfixierung mit Omnibite (Omnident, Rodgau, Deutschland). Des Weiteren wurde mit der Zahntechnikerin die Form und die Farbe der späteren Kronen bestimmt. Aufgrund des kindlichen Äußeren des Mädchens wurde sich für eine Milch- zahnform entschieden, die in Anlehnung an die Vollzirkonkronen der Firma NuSmile (Houston, TX, USA) von der Technikerin an- gefertigt wurde. Von einem Beschleifen der Zähne wurde abgesehen, da diese sowieso eine konische Zahnform aufwiesen. Im Februar 2018 wurden die beiden Kronen zunächst als Wachskäppchen anprobiert. Nach Fertigstellung wurden die beiden Voll- Abbildung 3: Orthopantomogramm des Kindes mit multiplen Nichtanlagen: Röntgenologisch sind Zahnanlagen für die Zähne 14, 23, 24, 35, 34, 44 und 45 erkennbar. Zahn 23 scheint verlagert. Abbildung 4: Die mit einem selbstadhäsiven Befestigungszement eingegliederten Kronen für die Zapfenzähne 11 und 21 81

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