Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16
zm 109, Nr. 15, 16.8.2019, (1740) - , 16.8.2019, (1740) keramikkronen einzementiert (Abbildungen 4 und 5). Die Krone für Zahn 21 umschließt diesen – aufgrund der geringfügig palatina- len Position des Zahnes – auf der lingualen Seite nicht komplett, da es ansonsten zu Störkontakten an der Krone in Okklusion mit der UK-Front gekommen wäre (Abbil- dung 6). Dieser – bei der herkömmlichen Kronenpräparation äußerst unerwünschte Effekt – kann hier vernachlässigt werden, da die Zähne nicht beschliffen wurden. Die Kronen wurden nach Konditionierung mit Phosphorsäure mit einem adhäsiven Befes- tigungszement (RelyX Unicem Automix, Espe, Seefeld) eingegliedert. Beim Blick in den Spiegel nach Einsetzen der Krone strahlte das Mädchen voller Stolz. Mit den Eltern und dem behandelnden Arzt in der Humangenetik haben wir eine ab- wartende Haltung bezüglich des weiteren Zahnwechsels besprochen. Die Frontzähne sind erst einmal im Bezug auf die Ästhetik und die Phonetik zufriedenstellend versorgt, die Abbeißfunktion ist gewährleistet. Spä- ter, wenn das Kind älter wird und mehr bleibende Zähne vorhanden sind, können die Kronen durch andere Kronen, die in der Morphologie bleibenden Zähnen ent- sprechen, ersetzt werden. Die Eltern stellten sich zunächst nach drei Wochen, dann nach fünf Monaten bei uns in der Praxis vor. Aus dem einst etwas zurückhaltenden Mädchen ist mit den neuen Zähnen ein selbst- bewusstes, lächelndes Kind geworden. Sowohl die Eltern als auch das Mädchen zeigten bei den Wiedervorstellungen eine große Dankbarkeit sowohl bezüglich der Diagnosestellung – die letztlich durch uns initiiert wurde – als auch bezüglich der pro- thetischen Versorgung. Im weiteren Verlauf soll die Einstellung der angelegten Permanentes beobachtet und gegebenenfalls kieferorthopädisch inter- veniert werden. Daneben könnten weitere prothetische Maßnahmen, beispielsweise im Zusammenhang mit einer Bisshebung, erforderlich werden. Die Einstellung des scheinbar verlagerten Eckzahns steht dabei im Vordergrund. Diskussion Die Ausprägung der Symptome einer ED kann vielfältig sein, bisher sind über 100 verschiedene Krankheitsbilder beschrieben, die eine unterschiedliche Kombination von ED-typischen Symptomen und Begleit- anomalien aufweisen können. Zur Klassifi- zierung der jeweiligen Untergruppen werden unter anderem die Anlage und die Ausbil- dung der Schweißdrüsen herangezogen. Da- bei wird grundsätzlich zwischen einer hidro- tischen und einer hypohidrotischen Form unterschieden. Eine hidrotische Form liegt bei normgerechter Schweißsekretion vor, die hypohidrotische Form bei einer verminderten Anzahl oder einer Dysfunktion der Schweiß- drüsen [Paschos et al., 2004; Ludwig et al., 2008]. Die hypohidrotische ED wird in der Literatur am häufigsten beschrieben. Die verschiedenen Formen von ED beruhen auf Genveränderungen, die unterschiedlichen Erbgängen folgen können. Bei unserer Pa- tientin wurde eine Kombination aus einer autosomal-dominant erblichen und einer autosomal-rezessiv erblichen Form festge- stellt. Bei einem autosomal-dominanten Erb- gang reicht das Vorhandensein einer Verän- derung in lediglich einer der beiden elterlich ererbten Kopien eines bestimmten Gens aus, damit es zur Ausprägung kommt. Bei einer autosomal-rezessiven erblichen Erkrankung müssen beide Kopien eines bestimmten Gens eine Mutation aufweisen, damit es zur Erkrankung kommt. Die häufigste hypo- hidrotische Form der ED mit einer Prävalenz von 7:100.000 stellt das Christ-Siemens- Touraine-Syndrom dar, das durch Mutatio- nen im EDA-Gen auf dem X-Chromosom verursacht wird. Jungen, die nur ein X-Chro- mosom besitzen, zeigen dabei das Vollbild der Erkrankung, während bei Mädchen eine große Variabilität bezüglich der Ausprägung besteht [Paschos et al., 2004; Ludwig et al., 2008; Sakai et al., 2007]. Dabei sind dentale Anomalien vorhanden [Itthagarun et al., 2000; Ludwig et al., 2008; Opitz et al., 2001] und es finden sich insbe- Abbildung 5: Das strahlende Mädchen nach Eingliederung der Vollkeramikkronen 11 und 21 Abbildung 6: Oberkiefer-Aufnahme des Mädchens nach Eingliederung der Frontzahnkronen: Die Krone für den Zahn 21 umschließt diesen an der lingualen Fläche nicht komplett, da es ansonsten zu einem Störkontakt gekommen wäre. Der Zahn wurde nicht beschliffen, daher kann der Effekt vernachlässigt werden. 82 Zahnmedizin
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