Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16
zm 109, Nr. 15, 16.8.2019, (1753) zm 109, Nr. 15- 6 Problem einer schwierigen Diagnosestel- lung. Huysmans sieht die Gefahr eher in der Überbehandlung. So komme der Reparatur von teilweise de- fekten Restaurationen immer mehr Bedeu- tung zu – sowohl unter dem Aspekt der Zahnhartsubstanz-Schonung als auch unter Kostenaspekten. Prof. Reinhard Hickel sprach über klinische Restaurationen mit Schwachstellen und zeigte in seinem Vortrag vier Entscheidungs- optionen für das weitere Vorgehen: Beob- achten, Rekonturieren und Polieren, Repa- rieren (durch Einbringen von neuemMateri- al) oder eine Neuanfertigung. Laut einem Review aus diesem Jahr [Kanzow et al., 2019] gibt es 84 Studien mit 71 Reparatur- Regimes. Generell werde darin empfohlen, die Oberfläche aufzurauen, Silikatkeramiken außerhalb des Mundes mit Flusssäure zu ät- zen und ein Adhäsiv aufzutragen. Für Frontzähne könnten Füllungsreparatu- ren ebenfalls ausreichen. Die Vorteile seien ein geringerer Verlust an Zahnhartsubstanz und eine kürzere Behandlungszeit als bei ei- nem Austausch der Restauration [Van de Sande et al., 2019]. Postendodontische Versor- gung im Seitenzahnbereich Für endodontisch behandelte Prämolaren und Molaren wies Prof. Marco Ferrari aus Italien auf die Bedeutung einer Höckerüber- kupplung und den Fassreifeneffekt hin, also die Präparation bis mindestens 2 mm in der natürlichen Zahnsubstanz. Auch Direkt-Versorgungen postendodonti- scher Zähne seien denkbar, allerdings nur bei jungen Patienten, wenn noch viel Zahn- hartsubstanz vorhanden sei – entscheidend sei hier das koronale Dentin. Ferner müsse noch ausreichend viel Schmelz zum Anät- zen für eine adhäsive Versorgung zur Verfü- gung stehen. Prof. Ferrari zeigte, dass indivi- duell angefertigte CAD/CAM-Stifte präziser im Wurzelkanal sitzen als vorgefertigte. Da- durch sei die Fuge des Einsetzmaterials nur sehr schmal. Zum Schluss verwies er auf ei- ne Studie von Belleflamme et al., 2017, die nahelegt, auf wurzelgefüllte Molaren oder Prämolaren besser eine Endokrone zu ze- mentieren (adhäsiv) als einen Stift zu setzen. Denn die Überlebensrate dieser Kronen lag in der vorgestellten Studie bei 99, die Er- folgsrate bei etwa 90 Prozent. Dieses Vorge- hen sei besonders bei hohem koronalem Zahnhartsubstanzverlust und okklusalen Ri- sikofaktoren wie zum Beispiel Bruxismus ge- eignet. Zudem sei es einfach und minimal invasiv. Alterszahnheilkunde im Fokus Auch am Tag zwei der Conseuro fand sich ein großer Zuhörerkreis ein, um den Erläute- rungen der internationalen Referenten zu den verschiedenen Herausforderungen im Umgang mit älteren Patienten und der Er- haltung von deren eigenen Zähnen zu fol- gen. Denn laut 5. Deutscher Mundgesund- heitsstudie sank der DMFT-Wert bei den jün- geren Senioren (65–74 Jahre) von 22,1 im Jahr 2005 auf 17,7 im Jahr 2014. Prof. Frauke Müller aus der Schweiz erläuter- te, wie sich das orofaziale System im Alter verändere. Beispielsweise seien die Reiz- schwelle zur Stimulation der Muskeln und die Leitungsgeschwindigkeit der Nerven he- rabgesetzt, außerdem die mechanischen Ei- genschaften der Schleimhaut. Die Zähne seien nicht mehr so elastisch und widerstün- den Traumen daher schlechter. Sie reagier- ten zudem weniger deutlich auf Kältereize. Doch das Kausystem ist gerade für ältere Menschen sehr wichtig, denn sie sollten in der Lage sein, sich gut zu ernähren. Ein hö- herer BMI (25,01 bis 28) ist bei alten Men- schen assoziiert mit einer reduzierten Mor- bidität und Mortalität [Weiss et al., 2008]. So kommt den Zahnärzten schon heute und verstärkt in der Zukunft eine wichtige Rolle zu. Denn die Menschen werden mit immer mehr eigenen Zähnen alt und wollen diese Zähne gerne erhalten. Zahnärzte treffen da- bei auf folgende Gemengelage: einge- schränkte Mobilität, Multimorbidität, Ein- nahme vieler verschiedener Medikamente, Xerostomie, psychologische Einschränkun- gen aufgrund von Depression, Demenz oder Alzheimer. Ist der alte Mensch noch zur PD Dr. Falk Schwendicke, Charité-Universi- tätsmedizin Berlin, erläutert anhand eines Flussdiagramms die Entscheidungskriterien, zu welchem Zeitpunkt Zahnärzte in kariöse Prozesse eingreifen sollten. Quelle: DGZ Prof. Dr. Rainer Haak, Universitätsklinikum Leipzig, forderte verbesserte bildgebende Ver- fahren. Quelle: DGZ 95
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