Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 109, Nr. 17, 1.9.2019, (1812) All das erfordert eine ganz andere Praxis- struktur und -ausübung. Diese Entwicklun- gen muss die Standespolitik erkennen – und sich öffnen. Der Berufsstand muss passende Modelle entwickeln und Unterstützung geben. Und wir müssen mehr junge Kolle- ginnen und Kollegen dazu bringen, sich standespolitisch zu engagieren. Wer heute noch behauptet, der Goldstandard der Ein- zelpraxis existiert noch wie vor 30 Jahren, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. ? Dann wird die Zukunft des Zahnarzt- berufs also ganz anders aussehen? Zukunft heißt doch, dass sich etwas ver- ändert. Das muss nicht immer zum Nega- tiven sein. Man sollte keinesfalls den Fehler begehen, zu sagen – jetzt, wo man älter ge- worden ist –, alles was die Zukunft bringt, ist furchtbar. Keinesfalls darf man resignieren und dabei handlungsunfähig werden. Wich- tig ist, neue Strukturen und Prozesse kritisch zu begleiten. Sie sind notwendig, um etwas voranzubringen, aber es ist genauso wichtig, daran zu feilen, bis sie funktionieren. ? Welche Wünsche haben Sie an die Politik? Mehr Glaubwürdigkeit und mehr Kommu- nikation mit den betroffenen Gruppierungen, bevor auf die Schnelle Gesetze gemacht werden, die alle paar Monate wieder ge- ändert werden müssen. Ich wünsche mir auch mehr Zusammenarbeit der Politik mit der Zahnärzteschaft, da beide für das Gemeinwohl verantwortlich sind. Die Ver- folgung von Einzelinteressen, die sich nur um Profit drehen, stellen keine Lösung dar, um gemeinsam eine Zukunft zu gestalten. Bei uns, wie auch in der Politik, brauchen wir weniger Machtstrukturen, dafür mehr Transparenz und mehr Integrationsfiguren. ? Mehr Transparenz, mehr Integration – wie kann man diese Ziele denn erreichen? Durch eine offene Kommunikation. Wichtig ist Zuhören. Es ist eine besondere Gabe, die Geduld aufzubringen, anderen zuzuhören und herauszufinden, wo die Anliegen und Probleme beim Gegenüber sind. Das hilft sehr – in jeder Lebensphase und auf allen Ebenen. Früher haben die Menschen den Pfarrer aufgesucht, der ihnen zugehört hat, dann haben sie den Arzt gehabt, der Arzt heute hat keine Zeit mehr, und jetzt müssen sie zum Psychologen gehen ... Ich gebe zu, das ist etwas plakativ gesagt, aber kurzum: Das soziale Gefüge löst sich auf und die ureigenen menschlichen Kommunikations- wege und die damit verbundenen Werte bleiben auf der Strecke. ? Das klingt nach einem sehr nachdenklichen Präsidenten ... Das darf man doch erwarten. Das bringt die Verantwortung für das Amt mit sich. Wenn man einen bestimmten Beruf, eine Position oder ein Amt bekleidet, wo es manchmal heikel werden kann, macht es Sinn, zu re- flektieren und Dinge zu hinterfragen. Das ist nicht nur in der Standespolitik so, sondern auch im Arztberuf, bei Piloten, Busfahrern, Zugführern oder Politikern. Und es schützt vor Fehlern. „Wichtig ist, neue Strukturen und Prozesse kritisch zu begleiten. Sie sind notwendig, um etwas voranzubringen, genauso wichtig aber ist es, danach daran zu feilen, bis sie funktionieren.“ Foto: zm-sg 26 Politik

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