Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17
zm 109, Nr. 17, 1.9.2019, (1841) Wegen der unklaren Genese der akuten ent- zündlichen Veränderungen in der Orbital- und in der Periorbitalregion wurde eine CT- Diagnostik des Schädels mit Kontrastmittel- gabe zum Ausschluss einer akuten retrobul- bären Raumforderung veranlasst. Hierbei fand sich ein hochgradiger Verdacht auf eine Abszedierung in der rechten Orbita mit dem klinischen Bild von Protrusio bulbi und entzündlicher Mitreaktion der Augen- muskeln M. rectus lateralis und M. rectus inferior. Diese Veränderungen waren auch der Grund für die Weichteilschwellung am Unterlid. Ein intraorbitales Hämatom ließ sich ausschließen. Zur weiteren Abklärung erfolgte nach zwei- dimensionaler Beurteilung die dreidimen- sionale Rekonstruktion der CT-Daten. Hier- bei kamen die röntgenopaken Implantate im Kiefer sehr gut zur Darstellung und konn- ten in Bezug auf deren anatomische Lage beurteilt werden. Im atrophen Ober- und Unterkiefer zeigte sich ein mittelgradiger horizontaler Knochenabbau mit vertikalen Einbrüchen an allen Implantaten. In der rechten Maxilla regio 016 bestand nach Explantation eines rechtsseitigen Zygoma- Implantats ein circa 2 cm großer Defekt, der, aufgrund der verdrängten Weich- gewebe und Lufteinschlüsse sicher bis in die mittlere, zentrale Orbita reichte. Als auffälliger Nebenbefund fand sich auch auf der linken Seite ein 60-mm-Zygoma-Im- plantat, das 17 mm in die linke Augenhöhle ragte. Neu aufgetretene Veränderungen oder Behinderungen in diesem Bereich waren vom Patienten subjektiv nicht wahrgenom- men worden, die Implantation selbst lag bereits zehn Jahre zurück. Diagnosen: \ Infraorbitaler beziehungsweise retrobul- bärer Abszess rechts mit Motilitätsstörung des rechten Bulbus, \ Verbindung von Kieferhöhle und Orbita und durchgehende Mund-Antrum-Verbin- dung rechts bei Zustand nach Entfernung des Zygoma-Implantats, \ Generalisierte Periimplantitis, \ Fehlpositionierung eines Zygoma-Im- plantats in der linken Orbita. Nach eingehender klinischer, radiologischer sowie laborchemischer Untersuchung wurde der Verdacht auf einen bakteriellen, infraor- bitalen und retrobulbären Abszess gestellt. Therapie: Bei bereits reduziertem Visus und Einschrän- kung der Bulbusmotilität erfolgte nach aus- führlicher Aufklärung des Patienten notfall- mäßig die Inzision und Entlastung des Abszesses. Der Eingriff wurde noch am Aufnahmetag in der Notaufnahme unserer Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgischen Ambulanz in Lokalanästhesie von infraorbital anterior durchgeführt. Vom abfließenden Eiter wurde ein Abstrich genommen und zur mikrobiologischen Untersuchung geschickt. In den Inzisionsbereich wurde eine circa 4 cm lange, passive Kunststoffdrainage bis in die mittlere Orbita eingelegt und mit einer Naht fixiert. Der Patient wurde zur Überwachung und Weiterbehandlung sta- tionär aufgenommen. Im Rahmen des stationären Aufenthalts er- folgte eine hochdosierte intravenöse anti- biotische Therapie mit 3 x 3 g Unacid sowie eine einmalige Cortisongabe mit 500 mg Soludecortin intravenös, um ein kurzfristiges Abschwellen und eine schnelle Entlastung des Bulbus zu erzielen. Die mikrobiologische Beurteilung ergab den Nachweis von Streptococcus constellatus. Eine Anpassung der Antibiose nach Antibio- gramm war somit nicht notwendig. Unter dieser Therapie zeigte sich eine deut- liche Besserung der Symptomatik im Verlauf der folgenden drei Tage, so dass die passive Kunststoffdrainage nach drei Tagen entfernt werden konnte. Die bestehende Mund-Antrum-Verbindung wurde nach Rücksprache mit dem Patienten am vierten stationären Tag in Lokalanästhesie geschlossen. Im Einzelnen wurden die Wund- ränder angefrischt, der Bichat‘sche Fettkörper dargestellt und mit Vicryl eingenäht, bevor der abschließende plastische Verschluss mit horizontalem Verschiebelappen und Periost- schlitzung durchgeführt werden konnte. Nach der Entlassung in die ambulante Weiterbehandlung empfahlen wir die Fort- Abbildung 2: Intraoraler Zahnstatus (Spiegelbefund rechte Seite, frontale Ansicht, Spiegelbefund linke Seite) Quelle: MKG-Chirurgie Klinikum Dortmund Abbildung 3: Intraoraler Situs nach Explantation alio loco, Spiegelbefund Quelle: MKG-Chirurgie Klinikum Dortmund 55
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