Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 109, Nr. 18, 16.9.2019, (1966) Die neuen Straftatbestände stellen Bestechlich- keit und Bestechung im Gesundheitswesen – also auch in der Zahnarztpraxis – unter Strafe. Bestraft wird, wer als Heilberufler im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei bestimmten Handlungen, wie etwa der Verordnung und dem Bezug von Arzneimitteln oder der Zu- führung von Patienten, einen anderen im inländischen oder im ausländischen Wettbewerb in unlau- terer Weise bevorzugt. Zentrales Element der Strafbarkeit ist dabei der „Vorteil“, der sehr weit zu verstehen ist. Er umfasst jede mate- rielle wie immaterielle Zuwendung. Allerdings: Nicht jede Vorteilsgewährung ist strafbar! Vielmehr ist erforderlich, dass der Vorteil als Gegenleis- tung für eine unlautere Bevorzugung imWett- bewerb gewährt wird. Hierin liegt die soge- nannte Unrechtsver- einbarung, die Dreh- und Angelpunkt der Strafbarkeit ist. Es handelt sich um ein auslegungsbedürftiges Tatbestandsmerkmal, das durch die Recht- sprechung Konkretisierung erfährt. Hierin liegt das Kernproblem der neuen Straftatbe- stände für Zahnmediziner. Wird eine Gegenleistung erwartet oder nicht? Was also, wenn etwa ein Zahnarzt von einem Patienten nach Abschluss der Behandlung eine Flasche Wein als Dank für seine Leistung erhält? Die Weinflasche stellt eine materielle Zuwendung und damit einen Vorteil dar. Es fehlt in diesem Fall jedoch an einer Unrechts- vereinbarung, da der Patient nach abgeschlos- sener Behandlung durch Geschenke nicht mehr auf den Zahnarzt im Sinne einer Bevorzugung des Patienten einwirken kann. Die Annahme der Weinflasche ist daher in dieser Konstella- tion strafrechtlich unproblematisch. Anders könnte die Beurteilung ausfallen, wenn der Patient durch das Geschenk Ein- fluss auf seine künftige Behandlung nehmen möchte. Weniger klar liegt der Fall auch, wenn ein Patient bereits zu Beginn einer Behandlung beschenkt. Denkbar ist, dass er durch Geschenke das besondere Wohlwol- len seines Behandlers erlangen möchte, um in den Genuss einer bevorzugten Behand- lung, beispielsweise bei der Terminvergabe oder Ähnlichem, zu kommen. Ob bei einer Bejahung der Unrechtsverein- barung in einem derartigen Fall tatsächlich mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen ist, kann derzeit nicht beantwortet werden. Bagatellgrenzen in diesem Bereich werden in der Literatur zwar diskutiert, wurden von der Rechtsprechung bislang jedoch noch nicht konkretisiert. Der Gesetzgeber hat die Rege- lungen gegen Korruption recht abstrakt und dadurch wenig anschaulich gefasst. Weitere Beispiele sollen die Grenze zwischen erlaub- tem und unerlaubtem Verhalten aufzeigen: \ Vorteilsnahme bei Fortbildungen Nach der Berufsordnung dürfen Zahnärzte geldwerte Vorteile für die Teilnahme an Fort- bildungen durchaus annehmen – etwa von Unternehmen im Dentalbereich. Voraussetzung ist aber, dass sie angemessen sind und über die notwendigen Reisekosten und Tagungs- gebühren nicht hinausgehen. Zulässig ist danach etwa die Übernahme der Kosten für eine Zugfahrkarte oder ein Flugticket sowie die Übernahme der notwendigen Übernachtungs- kosten in angemessener Höhe für den an der Fortbildung teilnehmenden Zahnarzt selbst. Unzulässig ist nach dieser Regelung bei- spielsweise die Übernahme von Reisekosten für eine Begleitperson. Dasselbe gilt für die Übernahme von Kosten für „Verlängerungs- tage“, ein kostspieliges Rahmenprogramm oder die Unterbringung in einem Luxushotel. \ Zusammenarbeit mit der Industrie Im Fokus des Interesses stehen hier vor allem Anwendungsbeobachtungen, bei denen nieder- gelassene Zahnärzte die konkrete Wirkung eines Arzneimittels in alltäglichen Behand- lungssituationen dokumentieren und ihre Erkenntnisse im Rahmen einer planmäßigen Zusammenarbeit an Pharmaunternehmen weitergeben. Dies ist in der Zahnmedizin weit Was bedeutet das Antikorruptionsgesetz für die Zahnarztpraxis? „Frau Doktor, ich habe Ihnen was mitgebracht ...“ Darf ein Zahnarzt eine Flasche Wein vom Patienten annehmen? Was ist mit bezahlten Fortbildungen? Oder mit der Prämie für eine überwiesene Patientin? Seit dem Antikorruptionsgesetz ist Korruption für niedergelassene Zahnärzte auch strafrechtlich relevant. Was Zahnärzte wissen sollten, erläutert Rechts- anwalt André Martin anhand von Beispielen aus dem Praxisalltag. Hilfreich ist auch eine Online-Broschüre der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztliche Bundesvereini- gung (KZBV), die juristische Aspekte zum Thema Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen und in Zahnarzt- praxen erklärt. Anhand von Fallkonstella- tionen werden Zahnärzte dort für Un- rechtmäßigkeiten im Praxisgeschehen sensibilisiert. \ Online-Broschüre von BZÄK und KZBV Foto: AdobeStock/Africa Studi 28 Praxis
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