Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 109, Nr. 18, 16.9.2019, (2026) Ziel muss die Stärkung der Nachsorgekompetenz sein Unser zahnmedizinisches Handeln muss die Nachhaltigkeit im Blick haben. Wenn im vierten Lebensabschnitt die Gebrechlichkeit den Alltag herausfordert und Unterstützung notwendig wird, ist es wichtig, das Umfeld auf die Bedeutung der Mundgesundheit ein- zuschwören. Nur so wächst die Bereitschaft aufseiten der Pflegekräfte und pflegenden Angehörigen, die Kompetenz zur Nachsorge zu entwickeln. Häufig wird angeführt, es wäre zu wenig Zeit. Aber selbst wenn es die Zeit gibt, fehlt es an der Kompetenz. Deshalb war und ist es richtig, dass über den Mundgesundheitsstatus, den individuellen Mundgesundheitsplan und die Mundgesund- heitsaufklärung die Nachsorgekompetenz gefördert wird. Diese Aufgaben können nur wir Zahnärzte erfüllen – egal ob in der Pflege- einrichtung, bei den Menschen zu Hause oder in der Praxis! Wenn uns dies gut ge- lingt, wird mittel- und langfristig auch der Bedarf an belastenden invasiven Behand- lungsmaßnahmen abnehmen. Um die Nachsorgekompetenz noch besser fördern zu können hat die Landeszahnärzte- kammer (LZK) Baden-Württemberg einen zahnärztlichen Aufnahmebogen entwickelt. Ist dieser Bogen in die Aufnahmemappe der Pflegeeinrichtung integriert, werden von Anfang an auf einer Seite alle relevanten Informationen unter anderem zum Haus- zahnarzt, zu gewohnten Pflegemitteln oder zum Bonusheft eingeholt. Sollen wir als Kooperationszahnarzt die Betreuung über- nehmen, kann ein Gespräch mit dem bis- herigen Hauszahnarzt weitere wichtige In- formationen zutage fördern und es können gegebenenfalls vorhandene Röntgenauf- nahmen übermittelt werden. Auch wenn in der Vergangenheit immer wieder bei Auf- nahme eines Bewohners in eine Pflege- einrichtung keine entsprechenden Informa- tionen mehr verfügbar waren, so macht es doch Sinn, diese Informationen abzufragen, nicht zuletzt weil die Mundgesundheit im- mer mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rückt (Abbildung 3). Ein zweites Formular, der ebenfalls von der LZK Baden-Württemberg entwickelte zahn- ärztliche Überleitungsbogen, kommt zum Einsatz, wenn ein konkreter Behandlungs- bedarf auffällt. Sei es, dass das Zahnfleisch gerötet oder eine Schwellung aufgetreten ist, Zähne abgebrochen sind, Prothesen nicht mehr getragen werden, Prothesen nicht mehr halten oder Prothesen gebrochen sind. Viele Pflegeeinrichtungen haben zwar Überleitungsbögen, diese sind aber in der Regel für die Aufnahme in ein Krankenhaus konzipiert und deshalb sehr umfangreich. Werden diese Bögen in die Praxis gefaxt, bedeutet das viel unnötige Information auf vielen Seiten Papier. Wir aber wollen alle für uns wichtigen Informationen möglichst auf einer Seite in die Praxis gefaxt bekommen. Über einen kurzen Rückruf machen wir uns ein Bild von der Dringlichkeit und stimmen den Besuchstermin ab (Abbildung 4). Typische Anforderungen und Auffälligkeiten \ Scharfe Kanten & Druckstellen: Scharfe Kanten an Zähnen und Prothesen der Bewohner können viele Ursachen haben: Zähne sind abgebrochen, Füllungen sind mit der Zeit herausgefallen, Patienten knirschen oder pressen, Prothesen sind auf den Boden Scharfe Kanten & Druckstellen (Abbildung 5) Abgebrochene Zähne, Absplitterungen von Zähnen und Verblendungen oder herausgefallene Füllungen sind häufig die Ursache für scharfe Kanten (oben links). Die linguale unscheinbare spitze Kante am Zahn 34 (oben rechts) hat die schmerzhafte Schnitt-Verletzung der Zungenunterseite verursacht. Der Patient klagte zwar nicht über Schmerzen, nahm aber beim Essen nur noch weiche Kost zu sich und zeigte häufiger eine grimassierende Mimik. Nach Abrunden der Zahnkante verheilte die Zungenverletzung innerhalb von zwei Wochen und der Patient hat wieder normal gegessen. Auch Prothesen müssen auf scharfe Kanten überprüft werden. Die Prothese im Bild unten links zeigt an vielen Randbereichen Absplitterungen, da sie immer wieder unkontrolliert aus dem Mund auf den Boden gefallen ist. Pflegekräften empfehlen wir, bei der Prothesenreini- gung bewusst die Prothesenränder und Zähne einmal mit dem Finger abzufahren – mit dem Finger „sieht“ man besser! Druckstellen sind nicht selten und werden nicht immer reklamiert. Die Implantat-Prothese im Bild unten rechts zeigt neben wulstartigen Auftreibungen im Bereich der Prothesenränder zudem Rötungen im Prothesenlagerbereich. Die Pflegekräfte waren unsicher im Umgang mit der Prothese, deshalb wurde die Prothese nicht herausgenommen und deshalb die Prothesen- unterseite (siehe kleines Bild) wie auch die entsprechenden Schleimhautareale im Oberkiefer nicht gereinigt (siehe kleines Bild). Die Patientin hat nicht über Schmerzen geklagt und auch sonst keine Anzeichen für Schmerzen gezeigt. Wir begleiten die Pflege nun intensiv bei der Handhabung und überprüfen engmaschig, ob die Schleimhaut sich wieder normalisiert. 88 Zahnmedizin

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