Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 109, Nr. 20, 16.10.2019, (2264) Schlaganfalls bei Menschen mit Parodontitis höher war (geschätztes angepasstes Risiko, 1,63; 95 Prozent Konfidenzintervall – CI – 1,25–2,00) und dass Zahnverlust ein signifi- kanter Risikofaktor für Schlaganfälle ist (ge- schätztes angepasstes Risiko, 1,39 – 95 Pro- zent CI, 1,13–1,65) [Lafon, et al., 2014]. Ebenso fanden Leira et al. heraus, dass das Risiko einer zerebralen Ischämie bei Patienten mit Parodontitis höher war (relatives Risiko, 2,88 – 95 Prozent CI, 1,53–5,41), was auf einen positiven Zusammenhang zwischen ischämischem Schlaganfall und der Prävalenz von Parodontitis hindeutet [Leira et al., 2017]. Eine weitere Studie berichtete, dass Paro- dontalerkrankungen das Risiko für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (Chronic Obstructive Pulmonary Disease – COPD) signifikant erhöhen [Zeng et al., 2012]. ! Die am häufigsten beobachtete Zahn- erkrankung, die mit chronisch-systemischen Erkrankungen korreliert, war Parodontitis (n= 88). Zusammenhänge zwischen Zahn- verlust und chronisch-systemischen Erkran- kungen (n= 11) und Karies mit chronisch- systemischen Erkrankungen (n= 8) wurden seltener beobachtet. ! Im Bereich der chronisch-systemischen Er- krankungen wurden die meisten Korrelationen mit Zahnbeschwerden für T2DM (n= 51) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) (n= 41) identifiziert. Weniger häufig beobachtet wurden Korrelationen mit zerebrovaskulären Erkrankungen (n= 8), COPD (n= 3), Demenz (n= 2), Psoriasis (n= 1) und Lungenkrebs (n= 1). ! Die meisten Krankheitskorrelationen wur- den für Parodontitis mit T2DM (n= 46) und Parodontitis mit CVD (n= 33) gefunden. Es folgten Übersichtsarbeiten, die Korrelationen von Zahnverlust mit CVD (n= 6), Parodontitis mit zerebrovaskulärer Erkrankung (n = 4) und Zahnkaries mit T2DM (n = 4) aufwiesen. Für die übrigen Erkrankungen wurden zwischen null und zwei Korrelationen beobachtet. ! Die Ergebnisse der Datenextraktion zeigten, dass die eingeschlossenen Studien keine ein- deutige Evidenz für Kausalzusammenhänge zwischen den berichteten Krankheiten fanden. Dies wurde für Korrelationen von CVD mit Parodontitis [Sanchez et al., 2017; Zeng et al., 2016] und zerebrovaskulären Erkrankun- gen mit Zahnkaries [Faggion et al., 2016] berichtet. Keine der eingeschlossenen Über- sichtsarbeiten, die über Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Diabetes mellitus berichteten, ist speziell auf kausale Inferen- zen bezüglich der untersuchten Krankheiten eingegangen (Abbildung 1). Diskussion Die identifizierten Zusammenhänge sollten bei der Versorgung von multimorbiden Patienten mit Kombinationen von Zahnbeschwerden und chronisch-systemischen Erkrankungen sorgfältig berücksichtigt werden. Diese Pa- tienten können potenziell von einer erhöhten Sensibilität und einem Bewusstsein der Ärzte für Krankheitszusammenhänge, vom Poten- zial für eine frühere Diagnose und von einer besseren Koordination der Behandler profi- tieren. In diesem Zusammenhang können die vorliegenden Ergebnisse Ärzte unterstützen, indem sie korrelierende Krankheiten durch gemeinsame Risikofaktoren (zum Beispiel Rauchen) und Krankheitsindikatoren (zum Bei- spiel hohes Hämoglobin A1c) hervorheben. So sollten Zahnärzte, die Patienten mit Schwierigkeiten bei der Kontrolle der chro- nischen Parodontitis behandeln, die Mög- lichkeit in Betracht ziehen, dass Korrelationen mit chronisch-systemischen Erkrankungen die Genesung verschlechtern und das Wieder- auftreten beschleunigen (beispielsweise T2DM). Durch die Koordination der Behandlung mit dem behandelnden Hausarzt oder einem Diabetes-Spezialisten kann die Behandlung und Kontrolle beider korrelierender Erkran- kungen verbessert werden. Eine bessere Integration von Diabetes und Parodontal- behandlung wurde auch in internationalen medizinischen Leitlinien hervorgehoben [Sanz et al., 2018; Sheiham et al., 2000]. Eine Verbesserung der intersektoralen Versor- gung setzt voraus, dass sowohl der Zahnarzt als auch der Allgemeinmediziner sich der be- stehenden Zusammenhänge zwischen Zahn- beschwerden und chronisch-systemischen Erkrankungen ausreichend bewusst sind und wissen, wie diese Zusammenhänge die Behandlung beeinflussen können. Bei der Behandlung von korrelierenden Erkrankun- gen durch Ärzte verschiedener Fachrichtun- gen können Kommunikation, Informations- austausch und Entscheidungsunterstützung zu einer höheren Qualität der Versorgung beitragen. Gleichzeitig sollten unnötige me- dizinische Maßnahmen vermieden werden, wenn es keine solide Evidenz für einen mög- lichen Nutzen für den Patienten gibt. Was die Korrelation von Parodontitis mit T2DM betrifft, so deuten unsere Ergebnisse auf substanzielle Evidenz hin. Darüber hinaus zeigen die eingeschlossenen Studien, dass die Behandlung von Parodontitis die glykämische Regulierung von T2DM-Patienten verbessern Systematische Reviews, die Krankheitskorrelationen untersucht haben Zahnmedizinische und chronische Erkrankungen Diabetes mellitus Herz-Kreislauf-Erkrankungen Zerebrovaskuläre Erkrankungen COPD Demenz Psoriasis Lungenkarzinom Total Tabelle 1, Quelle: Max Seitz Parodontitis 46 33 4 2 1 1 1 88 Zahnverlust 1 6 2 1 1 — — 11 Karies 4 2 2 — — — — 8 Σ 51 41 8 3 2 1 1 107 54 Zahnmedizin
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