Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 109, Nr. 20, 16.10.2019, (2286) \ der chirurgischen Dekompression (auch, wenn nötig, in Lokalanästhesie) [Ujam und Perry, 2016]. Die konservativ-medikamentöse Therapie wird als adjuvant bewertet, wobei eindeu- tige Evidenz für ihren Nutzen nicht vorliegt, da vor allem die Drainage des orbitalen Kompartiments entscheidend ist. Bei Verdacht auf und bei der Behandlung des orbitalen Kompressionssyndroms ist ins- besondere das rasche Handeln entscheidend, da die beste Prognose bei einer Intervention in den ersten zwei Stunden nach dem Unfall zu erwarten ist [Soare et al., 2015], während eine späte Präsentation mit schwerem oder vollständigem Sehverlust – also wie im be- schriebenen Fall – eine sehr schlechte Prog- nose hat [Ujam und Perry, 2016]. Analog hierzu zeigten an Rhesusaffen durchgeführte Versuche, dass bereits eine Netzhautischämie von mehr als 100 Minuten zu einer irrever- siblen Netzhautschädigung führt [Hayreh et al., 1980]. Um eine Therapie einzuleiten, sollte daher beim Vorliegen klinischer Zeichen im akuten Fall auf die Konsultation eines Augenarztes verzichtet werden [Ujam und Perry, 2016], denn neben der zeitlichen Verzögerung ist zu beachten, dass die ophthalmologische Spaltlampenuntersuchung in den meisten Fällen einer akuten Kompression lediglich einen normal erscheinenden Nerven dar- stellen kann, während sich die Pathologie visuell erst Wochen später manifestiert. Bei zeitlicher Verzögerung der Bildgebung gilt ebenfalls die klinische Diagnose als weg- weisend, weshalb in diesen Fällen auch auf Röntgenbilder verzichtet werden sollte [Ballard et al., 2009]. PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, M.A., FEBOMFS Leitender Oberarzt / Stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsmedizin Mainz Augustplatz 2 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de PD Dr. Dr. Bassam Saka Leitender Oberarzt / Stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Universitätsmedizin Rostock Schillingallee 35 18057 Rostock \ Unter allen kraniomaxillofazialen Notfällen ist das orbitale Kompartmentsyndrom selten. Die Kenntnis dieser Pathologie ist allerdings zwingend erforderlich, da eine dauerhafte Seh- behinderung meist nur durch eine frühzeitige klinische Diagnose und anschließende chi- rurgische Dekompression verhindert werden kann. \ Neben Blutungen können auch Traumata, Komplikationen bei Operationen im Jochbein-, Kieferhöhlen- und Mundbereich, intraorbitale Abszesse, orbitale Tumore und Entzündungen zu erhöhtem Orbitadruck und konsekutiver Kompression führen. \ Unbehandelte Kompressionen des orbitalen Kompartiments müssen als Notfall behandelt werden, da Erblindung droht. \ Daher sollte ein Patient mit Verdacht auf Kompression imOrbitabereich umgehend als Not- fall in die nächstgelegene Klinik mit entsprechender chirurgischer Expertise (MKG-Chirurgie) überwiesen werden. Fazit für die Praxis Abbildung 2a: CT-Untersuchung: In der sagittalen Schicht zeigt sich das bis nach retrobulbär reichende, am Orbitadach befindliche Hämatom. Abbildung 2b: CT-Untersuchung: Nachweis der Hämatomlokalisation in der koronaren Schicht, zusätzlich Vorliegen einer gering- dislozierten Orbitabodenfraktur der linken Seite mit Einblutung in den Sinus maxillaris Abbildung 3: Intraoperativer Situs: Darstellung des Hämatoms über einen Schnitt im Bereich des Oberlids Abbildung 4: Postoperativer Situs: eingelegte Drainagelaschen supra- und infraorbital Foto: privat Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 76 Zahnmedizin
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