Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 109, Nr. 21, 1.11.2019, (2455) Für diese Beschneidung der ansonsten in der Schweiz geltenden freien Arztwahl erhalten HMO-Versicherte einen Prämien- nachlasss. Umgekehrt kennt das Modell auch Sanktionen: Wenn ein Patient zu ei- nem externen Arzt geht, kann die Versiche- rung die Kostenübernahme der Behandlung ganz oder teilweise verweigern. In Frankreich greift eine ähnliche Logik: Hier haben Patienten die Möglichkeit, bei gerin- gerer Kostenerstattung direkt einen Spezia- listen ihrer Wahl aufzusuchen. In den ande- ren Ländern dieser Stufe (Dänemark, Polen) gelten für bestimmte Spezialisten Ausnah- men, Überweisungen sind vor einem Fach- arztbesuch ansonsten jedoch obligatorisch. In Ländern mit minimalem Gatekeeping (Österreich, Belgien) gibt es in der Regel nur geringe finanzielle Anreize für Patienten, im- mer zuerst den Hausarzt aufzusuchen. Uneinheitlich sind auch die Regelungen, wie streng Patienten an ihren Hausarzt ge- bunden sind. Fast alle europäischen Gesundheitssysteme ermöglichen es ihren Bürgern, ihren Hausarzt selbst zu wählen. Es bestehen jedoch erhebliche Unterschiede in Bezug auf den Wahlbereich, der den Patien- ten zur Verfügung steht. Drei Stufen lassen sich unterscheiden: ! Die Auswahl ist auf vertraglich gebunde- ne Anbieter begrenzt. ! Die Auswahl beschränkt sich auf ein geo- grafisches Gebiet wie die Region, den Land- kreis oder die Gemeinde, in der der Versi- cherte gemeldet ist. ! Es gibt eine freie Auswahl. In Österreich, Polen, der Schweiz und Frank- reich sind die Bürger auf vertraglich gebun- dene Hausärzte limitiert. In Polen werden Behandlungen, die von nicht vertraglich ge- bundenen Anbietern durchgeführt werden, nicht erstattet. In Österreich und Frankreich müssen Patienten höhere Gebühren zahlen, wenn sie nicht vertraglich gebundene Medi- ziner besuchen, entweder, weil die Erstat- tung niedriger ist (Österreich) oder weil die Ärzte ein Extrahonorar verlangen dürfen (Frankreich). In der Schweiz sind Patienten mit HMO-Versicherung – 2011 waren dies 53 Prozent aller Schweizer – an entspre- chende Ärzte gebunden. In einer Reihe von Ländern (Schweiz, Nie- derlande, Dänemark) ist die Auswahl des Hausarztes auf das Wohngebiet beschränkt. Dänen müssen ihn im Umkreis von 15 Kilo- metern von ihremWohnort wählen, Nieder- länder können dann einen Hausarzt außer- halb ihres Gebiets wählen, wenn er bereit ist, einen neuen Patienten aufzunehmen. Schweizer müssen dann möglicherweise ei- nen größeren Teil der Kosten selbst tragen. Unbegrenzt den Hausarzt wählen können außer uns nur Belgier und Tschechen. In Ländern mit Gatekeeping-Systemen und obligatorischer Registrierung beim Primär- arzt ist zum Teil auch der Hausarztwechsel beschränkt. Polen dürfen ihren Hausarzt zweimal pro Jahr wechseln – für Dänen ist eine Gebühr von 25 Euro fällig. mg Gatekeeping in Deutschlands Nachbarländern Gatekeeping Überweisung zum Facharzt Registrierung beim Primärarzt Allgemeinärzte absolut Allgemeinärzte pro 1.000 Einwohner Fachärzte absolut Fachärzte pro 1.000 Einwohner Die Tabelle gibt einen Überblick über die Rolle der Hausärzte als Pförtner in Deutschlands Nachbarländern. Die Werte stammen für Tschechien aus 2013, für Dänemark aus 2016, für Österreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Polen und die Schweiz aus 2017, für Frankreich aus 2018. Quelle: zm Österreich minimal nicht nötig nicht nötig 13.745 1,56 24.198 2,75 Belgien minimal finanzielle Vorteile finanzielle Vorteile 12.992 1,14 21.630 1,9 Tschechien nicht vorhanden nicht nötig nicht nötig 7.371 0,7 30.890 2,94 Dänemark mit Ausnahmen finanzielle Vorteile finanzielle Vorteile 4.582 0,8 10.083 1,76 Frankreich mit Ausnahmen finanzielle Vorteile finanzielle Vorteile 94.923 1,42 117.414 1,75 Luxemburg nicht vorhanden nicht nötig nicht nötig 534 0,9 1.246 2,09 Niederlande komplett obligatorisch obligatorisch 27.575 1,61 33.793 1,97 Polen mit Ausnahmen obligatorisch nicht nötig 15.908 0,42 74.376 1,96 Schweiz nicht vorhanden/ komplett nicht nötig / obligatorisch nicht nötig / obligatorisch 9.628 1,14 21.658 2,56 109

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