Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

Dentaltourismus in Südosteuropa – Teil 1 Ausflug in den Wilden Westen Osten Mundhygieneunterweisungen? „Macht eh keinen Sinn!“ Reelle Kostenvoranschläge? „Wären nur abschreckend!“ Ich wollte wissen, wie Dentaltourismus funktioniert. Jetzt war ich mittendrin – als zahnärztlicher Berater einer südeuropäischen Zahnklinik, die sich auf deutsche Patienten spezialisiert hat. Was ich dort erlebt habe, hätte ich mir nicht träumen lassen. Irgendwann hatte ich in London einen Patienten auf dem Stuhl, der seine Oberkiefer- versorgung von 15 bis 25, verblockt mit drei Brückengliedern, stolz vorzeigte. Wo er diese denn habe machen lassen, fragte ich ihn. Er antwortete, dass er die zehngliedrige Brücke von seiner Tochter zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Für die gesamte Konstruktion hatte er 1.000 britische Pfund, also rund 1.110 Euro bezahlt. „Pro Zahn ‘nen Hunni, Herr Doktor!“ „Pro Zahn ‘nen Hunni, Herr Doktor“, strahlte er mich an. Wie bitte? Ja, ich hatte richtig gehört. Spätestens nach dieser Aussage fragte ich mich, was dran ist, an jenem un- schlagbar günstigen Preis-Leistungs-Verhält- nis, an den Versprechen von hochwertiger Zahnmedizin, modernsten Geräten und einem unglaublichen Service, den es in Deutschland gewissermaßen nicht geben soll? Es war an der Zeit, irgendwo in Südosteuropa – viel- leicht am Schwarzen Meer? – anzuheuern und zu erfahren, wie es sich tatsächlich verhält, mit den Versprechungen der Marketing- strategen und den scheinbar begeisterten Patienten. Das Vorhaben ließ sich relativ ein- fach realisieren und ein paar Wochen reichten aus, um zu sehen, wie nackt der Kaiser ist. Und so läuft das Geschäft: Die Patienten schicken ihren in Deutschland erstellten HKP an eine der Kliniken oder rufen direkt im Callcenter mit der Frage an, was es dort im Unterschied zu Deutschland kosten würde. Das Gegenangebot basiert meist auf den vom deutschen Zahnarzt angegebenen Gebührenpositionen und liegt deutlich da- runter. Und die Kollegen im Callcenter sind Profis, was die kommunikative Überzeugungs- arbeit betrifft. Den Patienten wird angeboten, die komplette Reise zu buchen – schon geht es los: Transfer vom Airport und die Erst- untersuchung direkt nach der Ankunft. Hilfe, die Zahnärztin kann ja gar kein Deutsch! Eine junge Zahnärztin, unerfahren und des Deutschen in drei oder vier Worten mäch- tig, nimmt den Befund mit einer ebenfalls radebrechend Deutsch sprechenden Helfe- rin auf. Die Patientin auf dem Behandlungs- Foto: Sketchi/stock.adobe.com 24 Politik

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