Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

Wie kann das funktionieren, bei den Gewerbe- mieten, den Gehältern für Helferinnen und Zahnärzte? Mein Interesse war geweckt, zu verstehen, wie Praxen und Kliniken in der Lage sind, diese Margen zu realisieren. Schnell wurde mir bei der Recherche klar, dass es immer noch günstiger geht. Und zwar, wenn sich Patienten in Südosteuropa oder der Türkei behandeln lassen. Im Jahr 2000 wurden zahlreiche Verordnungen innerhalb der Europäischen Union erlassen, die es Patienten ermöglichen, sich im euro- päischen Ausland behandeln zu lassen. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen dabei einen Teil der Kosten übernehmen – in Deutschland per Festzuschuss. Praxen östlich der deutschen Grenzen waren jetzt nicht mehr nur auf eigene Patienten an- gewiesen, sie konnten nun auch Patienten aus Deutschland behandeln, die sich davon Einsparungen versprachen. Denn ohne Frage: Hochwertige deutsche Zahnheilkunde kostet Geld. Für den einen oder anderen übersteigen die in Praxen aufgerufenen Preise das Budget. In Ungarn beispielsweise erkannte man recht schnell die sich eröffnenden Chancen und so etablierten sich um die Jahrtausendwende zahlreiche Praxen an der Grenze zu Österreich. Die Zielgruppe bestand aus österreichischen Patienten, die es gern etwas günstiger als in der Heimat haben wollten. Anfangs wurde diesem grenzüberschreitenden und mittler- weile in der Literatur als Dentaltourismus beschriebenen Phänomen wenig Bedeutung zugemessen. Gelegentlich gab es den einen oder anderen Artikel in Fachzeitschriften über unzureichenden Zahnersatz im Aus- land mit entsprechenden Bildern. Entgegen aller Warnungen vor suboptimalen prothetischen Versorgungen im Ausland ent- wickelte sich der Markt zahnmedizinischer Leistungen in Osteuropa aber sehr dynamisch. Allein in der ungarischen Stadt Mosonma- gyarovar gibt es bei 32.000 Einwohnern mehr als 150 Zahnarztpraxen und drei Kliniken. Der Ort hat die höchste Zahnarztdichte in Europa und die zweithöchste weltweit nach einem Stadtteil in Los Angeles. Illustration: Ralf Brunner Dentaltourismus in Südosteuropa – Teil 2 Schlechte Qualität muss nicht billig sein Schlägt man hier in London eine dieser Gratis-Zeitungen auf, fallen einem großformatige Werbeanzeigen von zahnärztlichen Praxen oder Zahnkliniken ins Auge: Implantate für 990 britische Pfund oder günstiger, inklusive der dazu notwendigen Zirkonoxid- Krone. Wie kann man in London derartige Versorgungen zu einem derart niedrigen Preis, das heißt für etwa 50 Prozent der Kosten einer normalen Zahnarztpraxis, anbieten? Interessant. Aber es geht – scheinbar – noch günstiger. 28 Politik

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