Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
der Rechnungen erhalten. Selbstverständlich muss auch in den Herkunftsländern ordent- lich getrommelt werden. Dazu werden von Praxen und Kliniken Journalisten eingeladen, die dann in kürzeren oder ausführlichen Bei- trägen die Vorteile einer Zahnbehandlung im Ausland schildern. Geschieht dies bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, bei ARD oder ZDF, fragt man sich schon, ob dies noch mit dem Bildungs- auftrag vereinbar ist und es sich um neutrale Berichterstattung handelt. Patienten wer- den auf ihren Reisen begleitet und dürfen erzählen, wie entzückt sie sind, noch bevor der erste Behandlungsschritt erfolgte. Im Unterschied dazu werden Reportagen über angeblich abkassierende deutsche Zahnärzte gedreht, wie beispielsweise die aktuelle ZDF- Doku „Teure Tricks der Zahnärzte. Abzocke mit eigenem Zahnlabor und überhöhten Rechnungen“ vom 7. Oktober (siehe Artikel Seite 34–45). Die Techniker Krankenkasse (TK) hat Partner- kliniken im Ausland und empfiehlt diese ihren Patienten. Damit auch alles seine Ord- nung hat, werden die ausländischen Zahn- kliniken alle drei Jahre überprüft. Aber nach welchen Kriterien? Dazu gibt es keine Anga- ben und es sind auch keine von der TK ver- anlassten Untersuchungen über die Qualität von Zahnbehandlungen im Ausland bekannt. Auf Facebook findet man späte Erkenntnisse Es ist auch nicht zu erwarten, dass es jemanden in der Klinik interessiert, denn Zeit ist Geld und die Investoren erwarten Rendite. Der Laden wird nach Gutsherrenart geführt, wer Zweifel an der ethischen und der fachlichen Unternehmensführung hat, läuft Gefahr, eine Abmahnung zu kassieren oder entlassen zu werden. Die Klinik ist Video-überwacht, alles ist unter Kontrolle. An dieser Stelle reicht der Platz nicht aus, um tiefer auf Abläufe einzu- gehen, die in Deutschland vor dem Arbeits- gericht, wahrscheinlich mit Schließung der Klinik enden würden. Was Patienten denken, wenn sie nicht offiziell von der Klinik für ein YouTube-Werbevideo nach der Behandlung von der Klinik bezahlt werden, erfährt man, wenn man sich in den Facebook-Gruppen mancher Kliniken umschaut. Dort findet man späte Erkenntnisse, die, sofern sie nicht rechtzeitig vom Administrator gelöscht wer- den, eine deutlich andere Sprache als die Hochglanzbroschüren sprechen. Das Geschäft mit dem Dentaltourismus wird sich weiter dynamisch entwickeln, das Phä- nomen ist genauso wenig aufzuhalten, wie die Dentalketten in Deutschland. Die Klini- ken werden größer – allein im Großraum Istanbul entsteht derzeit eine Klinik mit mehr als 100 Behandlungsstühlen. Kleinere Player auf dem Markt werden verschwinden und hinter den großen stehen ausreichend finanzkräftige Investoren, um mehr Patien- ten in größere Kliniken zu bekommen. Der Präsident der ZÄK Sachsen-Anhalt, Carsten Hünecke sagte im MDR auf die Frage, was er von Behandlungen im Ausland hält: „Der ausländische Zahnarzt sieht Pa- ” Der ausländische Zahnarzt sieht Patienten nur in einer Momentaufnahme, hat ein enges Zeit- fenster, um die vollständige Versorgung zu realisieren. Ich habe große Skepsis, dass das für Patienten von Vorteil sein kann. Ich würde davon die Finger lassen. Carsten Hünecke, Präsident der ZÄK Sachsen-Anhalt, 32 Politik
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