Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 109, Nr. 21, 1.11.2019, (2388) Herr Heckens, Sie sagen, Sie haben eine Liste von Zahnärzten, die Eigen- labore betreiben und unrechtmäßige Abzocke betreiben. Warum haben Sie diese Liste bisher nicht an die Bundeszahnärztekammer weiter- geleitet? Manfred Heckens: In der Vergangenheit wurde das auf Länderebene schon mehr- fach versucht. Der Zahntechniker kann da nicht mehr tun, als die Landeszahnärzte- kammern über diese Praxen zu informieren. Da heißt es dann, wir kümmern uns drum. Aber still ruht der See. Können Sie das vorbereiten, dass Sie offiziell machen, diese Liste an die BZÄK weiterzuleiten, natürlich ohne Namen an die große, weite Öffentlichkeit zu geben? Das kann ich vorbereiten, ich muss das natürlich mit meinem Anwalt zusammen- schließen, inwiefern das datenschutzrecht- lich möglich ist. Das wäre aber hilfreich, denn der Vorwurf ist ja, dass es diese Liste gar nicht gibt. Mein Vorwurf ist, dass die BZÄK im TV-Beitrag behauptet, dass es diese Fälle nicht gibt, und ich sage, dass das ja wohl nicht sein kann, weil diese Fälle bekannt sind, und zwar in mehrfacher Weise auf einigen Landesebenen. Ich habe gerade eine Liste auf dem Tisch lie- gen, wo eine Rechnung überzogen wurde. Das ist unglaublich, was da für Kosten auf- gerufen werden. Wir haben es hier mit der Ausschaltung eines normalen Marktverhaltens zu tun. In dem Moment, wo der Arzt den Patienten auf dem Patientenstuhl liegen hat, kann er ihm sagen, wir haben die tollsten Spezialisten im Hause und werden uns da- rum kümmern. Und der Patient nimmt nicht mehr teil an der Nachfragelenkung. Er wird ? ? ? gesteuert und hat keine Transparenzvergleiche, wo er sagen kann, er informiert sich erstmal über Angebote. Verfolgen Sie mit Ihrem Verband die Stilllegung zahnarzteigener Labore? Nein. Wenn ein Zahntechnikermeister einen Zahnarzt in seinem Praxislabor unterstützt, habe ich doch nichts dagegen. Es geht aber darum, dass ich im deutschen Gesundheits- wesen eine Meisterprüfung ablegen muss, um an diesem Markt teilzunehmen und für die Versicherten der Krankenkassen liefern zu dürfen. Im Praxislabor wird aber unter Um- ständen ein frisch ausgelernter Techniker eingestellt. Wer überwacht denn diesen Mitarbeiter? Der Zahnarzt kann es doch im Grunde gar nicht, wenn er am Stuhl arbeitet. Das sind unsere grundlegenden Bedenken. Laut BZÄK sind Zahnärzte allein wegen ihres Studiums schon prädes- tiniert dafür, auch Zahnersatz zu fertigen, vor allem auch mithilfe der heutigen Digitalisierung. ? ? Und dann sage ich, Sie haben doch als Zahnarzt während Ihres Studiums auch ausreichende, fundierte Kenntnisse der Pharmakologie, da werden Sie ja auch ge- prüft. Warum machen Sie keine Apotheke auf? Für den Beruf des Zahntechnikers brauche ich in der Regel acht bis neun Jahre, bis ich wirklich versiert und fertig bin. Das kann man nicht gleichsetzen mit jemandem, der insgesamt sechs Wochen Zahntechnik während seines Studiums gemacht hat. Die Umsätze eines Zahntechnikers sind heute nicht mehr so wie vor 20 oder 30 Jahren. Der Markt hat sich schon verändert, oder? Es geht gar nicht mal um die Umsätze. Es geht um ein Marktverhalten. Die Zahnärzte haben hin und wieder ihre schwarzen Schafe, genauso wie übrigens die Zahn- techniker. Wir kämpfen doch beide, Zahn- medizin als auch Zahntechnik, einen Kampf gegen die Digitalisierungsprozesse der Industrie. Die Zahnärzte werden durch die Industrie an Produktschienen gekettet, indem man ihnen Angebote schmackhaft ? „Warum machen Zahnärzte keine Apotheke auf?“ Interview mit Manfred Heckens, Präsident des Arbeitgeberverbands Zahntechnik (AVZ) Foto: zm-Screenshots, ZDF-Mediathek, WISO Da wird ZE von Fremdlaboren – oft auch im Ausland – billig eingekauft, im Eigen- labor schleift dann der Zahntechniker nur noch mal kurz drüber, sagt der „Experte“. 42 Politik

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