Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 109, Nr. 21, 1.11.2019, (2390) Herr Prof. Oesterreich, wie ist das Verhältnis zwischen der Bundeszahn- ärztekammer und dem AVZ? Gab es bisher ein konstruktives Klima zwischen Ihrem Verein und dem Arbeitgeberverband Zahntechnik? Der AVZ hat noch nie das Gespräch zur Bun- deszahnärztekammer gesucht. Ich vermute, es liegt nahe, dass er als Ziel die Abschaffung des zahnärztlichen Praxislabors verfolgt. Woran könnte das liegen? Prof. Dietmar Oesterreich: Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Zahntechnik- Handwerk massive Probleme hat. Die Um- satzdaten stagnieren oder fallen seit Jahren. Was die Zahntechnikerdichte angeht, ist Deutschland nach einer Studie des „Council of European Dentists“ in Europa jedoch führend. Noch im Jahr 2011 gab es laut Sta- tistischem Bundesamt rund 67.000 Zahn- techniker im deutschen Gesundheitswesen, im Jahr 2000 waren es etwa 70.000. Zum Vergleich: Im selben Jahr gab es rund 69.000 Zahnärzte. Der Quotient Zahnärzte zu Zahntechniker lag damit bei etwa 1:1. In anderen Ländern verteilen sich weniger ? ? Zahntechniker auf die Zahnmediziner. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Zahntechniker händeringend nach Mög- lichkeiten suchen, wie sie dem Abwärts- trend begegnen können. Nicht verständlich ist, dass der AVZ die Lösung zulasten der Zahnärzte sucht. Ausgerechnet dem geborenen Partner im Dentalmarkt, dessen rechtlich verbürgtes Betätigungsfeld be- schneiden zu wollen, um sich selbst zu retten: Wer das tut, sägt an dem Ast, auf dem er sitzt. Was ist aus Ihrer Sicht die Ursache für den sinkenden Bedarf an Zahn- technikern? Hiesige Kostenstruktur auf der einen und globalisierte Märkte auf der anderen Seite haben dazu geführt, Zahnersatz nicht mehr nur im Labor um die Ecke fertigen zu lassen. Auf Wunsch der Patienten und aus Kosten- gründen greifen Zahnärzte bisweilen auch auf ausländischen Zahnersatz zurück. Dieser kostet nur einen Bruchteil dessen, was man für Produkte „Made in Germany“ auf- wenden muss. Zudem gibt es einen Trend ? zur „Industrialisierung“ der Herstellung von Zahnersatz durch die Digitalisierung und CAD/CAM-Technologien. Schleichend bemerkbar machen sich bei den Zahntechnikern auch die positive Ent- wicklung der Zahngesundheit der deutschen Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren und die Fokussierung der Zahnärzte weg von der Reparaturmedizin hin zur Prävention. Der Bedarf an Zahnersatz wird in immer höhere Lebensalter verschoben und ten- denziell weiter abnehmen. Diese einerseits sehr erfreuliche Entwicklung ist gleich- bedeutend mit einer Marktsättigungskrise für die Branche. Und wie sieht es mit den Kosten für Zahnersatz aus? Im Durchschnitt entfallen hierzulande 60 bis 70 Prozent der Kosten einer prothetischen Behandlung auf die Beschaffung des not- wendigen Materials und die arbeitsintensive Leistung des Labors, das den Zahnersatz fertigt. Das zahnärztliche Honorar macht 30 bis 40 Prozent an den Gesamtkosten aus. Deutschland nimmt damit im europäischen Vergleich eine Sonderstellung ein. In anderen europäischen Staaten wie Frankreich oder Dänemark ist das Verhältnis umgekehrt. Die Firma, die die Sendung produ- ziert hat, ließ wesentliche Punkte aus den Stellungnahmen der BZÄK unerwähnt. Was könnte aus Ihrer Sicht der Grund dafür sein? ? ? „Die Zahntechniker sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen!“ Interview mit Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) Foto: BZÄK-Lopata Fotos: zm-Screenshots, ZDF-Mediathek, WISO „Zitat: Die Bundeszahnärztekammer kennt keine der behaupteten Machenschaften.“ In Wahrheit beantwortete die BZÄK dezidiert einen Fragenkatalog zum Thema Eigenlabor. 44 Politik

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