Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21
zm 109, Nr. 21, 1.11.2019, (2401) treten im Falle der Verwendung von Einzel- zahnimplantaten in der ästhetischen Zone bei jungen, aber durchaus auch bei älteren Patienten langfristig zusätzlich häufig Probleme hinsichtlich vertikaler Stellungs- veränderungen der Nachbarzähne auf, die die im Wortsinne „festsitzenden“ Implantate ja nicht mitmachen [Bernard et al., 2004; Daftary et al., 2013]. Trotzdem werden bei Einzelzahnlücken mit kariesfreien Nachbar- zähnen sowohl in der Fach- als auch in der Laienpresse Implantate in der Regel als die optimale Therapieoption dargestellt. Aller- dings scheint die Adhäsivbrücke die technik- sensitivste der drei genannten Therapieop- tionen zu sein, was die hohen Misserfolgsra- ten in frühen Studien erklärt und die Vermei- dungsstrategie des einen oder anderen Behandlers. Im Vergleich zu den anderen Therapieoptionen ist die zahnärztliche Ver- gütung deutlich geringer, so dass der eigent- lich benötigte Zeitaufwand für ein adäquates Vorgehen nicht angemessen vergütet erscheint. Schon kleine Fehler bei der adhäsi- ven Befestigung können zum Versagen der Restauration führen [Kern, 2018]. Bei schmalen Unterkieferlücken sind Adhä- sivbrücken in jeder Altersgruppe die Thera- pie der ersten Wahl. Ist die Wurzel des nicht erhaltungswürdigen Zahns noch in-situ, können Zahnextraktion und Eingliederung der Adhäsivbrücke in einer Behandlungssit- zung vorhersagbar vorgenommen werden (sogenannte Immediate-Pontic-Technik). Im dargestellten Fall einer 50 Jahre alten Patien- tin war der seit vielen Jahren endodontisch behandelte Zahn 31 beim Kauen ungünstig schräg frakturiert und nicht erhaltungswür- dig. Der Zahn wurde am Tag der Extraktion durch eine im zahntechnischen Labor zuvor hergestellte einflügelige Adhäsivbrücke aus vestibulär verblendeter hochfester Zirkon- oxidkeramik (3Y-TZP) ersetzt (Abbildungen 16–22). Die größte Anforderung ist hier si- cherlich die korrekte Positionierung während der adhäsiven Befestigung, die aber durch die Verwendung eines Positionierungs- schlüssels stark erleichtert wird [Kern, 2018]. Wie eine Langzeitstudie aus Hongkong zeigt, können auch Eckzähne und Prämolaren langfristig erfolgreich durch einflügelige metallkeramische Adhäsivbrücken ersetzt werden [Botelho et al., 2014]. In Anlehnung an diese positiven Ergebnisse werden in der Klinik des Autors einflüglige Adhäsivbrücken aus hochfester Zirkonoxidkeramik seit nun- mehr etwa 10 Jahren ebenso erfolgreich an- gewendet [Kern, 2018]. Gerade bei der häu- figen Nichtanlage der unteren zweiten Prämolaren könnte diese Therapieoption ein weiteres Beispiel häufiger frugaler protheti- scher Interventionen werden – würde sie bei GKV-Versicherten einen Festkostenzuschuss auslösen. Da der linguale Höcker der unteren ersten Prämolaren in aller Regel in Infraok- klusion steht, bietet er bei Verwendung als Pfeilerzahn Platz für einen Adhäsivflügel, ohne dass er stärker präpariert werden muss (Abbildungen 23–27). Im Vergleich dazu steht der operative Aufwand beim Setzen ei- nes Implantats im schmalen Alveolarkamm- bereich des fehlenden zweiten unteren Prä- molaren und die damit immer verbundenen Risiken. Berücksichtigt man dann noch das Periimplantitis-Risiko von etwa 20 Prozent innerhalb von 10 Jahren [Dreyer et al., 2018], erscheint hier die Adhäsivbrückenver- sorgung als Therapie erster Wahl, obwohl sie im Seitenzahnbereich keine GKV-Leistung darstellt. Die GKV-Regelversorgung mit einer konventionellen dreigliedrigen Brücke ist bei kariesfreien Pfeilerzähnen heute wegen ihrer hohen Invasivität durch die Kronenpräpara- tionen als Therapieoption der dritten Wahl anzusehen. Abbildung 23: Kieferorthopädische Lückenöffnung bei Nichtanlage der unteren zweiten Prämolaren. Abbildung 24: Schonende schmelzbegrenzte Präparation der ersten Prämolaren. Abbildung 25: Einflügelige Adhäsivbrücken aus hochfester Multilayer-Zirkonoxidkeramik. Abbildung 26: Sichere Positionierung während der adhäsiven Befestigung mittels Positionierungsschlüssel, der die Klebefugenränder frei lässt. Abbildung 27: Eingegliederte einflügelige Adhäsivbrücken von okklusal. Fotos (23–27): Matthias Kern 23 24 25 26 27 Fortsetzung g >>> 55
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