Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2592) einemmanchmal ganz schön über den Kopf wachsen. Zweitens: Die finanziellen Sorgen durchzu- stehen! Wir kennen alle den sogenannten Honorarverteilungsmaßstab. Für Existenz- gründer ist dieser meiner Meinung nach etwas unrealistisch ausgelegt. Bei geringer Patientenzahl entspricht man einfach – trotz leichter Anhebung des HVM für Neugrün- der – nicht dem Durchschnitt. Insbesondere in der Anfangszeit ist man auf die vollständige Honorierung der real erbrachten Leistungen und die Liquidität angewiesen. Schliesslich ist da definitiv der psychische Druck, der auf einem lastet. Hat man die richtige Entscheidung getroffen? Wird es gut gehen? Wann habe ich einen Patienten- stamm, von dem mein Personal und ich gut leben können? Und wann darf ich eigentlich mal wieder in den Urlaub fahren? Dazu sage ich nur: Durchhalten! Wahnsinnig viel Arbeit, viele Sorgen – aber am Ende zahlt es sich aus! Jeder glückliche Patient, der die eigene Praxis verlässt, entschädigt für (fast) alles. Wie viel Planung, wie viel Unterstützung? Das gesamte Konzept meiner Praxis war im Vorwege bis ins kleinste Detail durchdacht und geplant. Eineinhalb Jahre habe ich neben Assistenzzeit und Doktorarbeit alle Steine gelegt, die für einen guten Start notwendig waren. Bis zum Tag der Eröffnungsfeier habe ich Möbel zusammengeschraubt, eine CI ausgetüftelt, Personalgespräche geführt und nächtelang Recherche betrieben. Ich bin immer wieder mit mir selbst ins Gericht gegangen, habe mich gefragt, ob ich dem ganzen wirklich gewachsen bin – bis zu dem Entschluss, dass ich den Sprung in die Selbstständigkeit wagen will. Bei all dem stand kein professionelles Beraterteam hinter mir. Ich habe mir alles selbst erarbeitet. Darauf – und dass es offenbar gut bei den Patienten ankommt – bin ich sehr stolz. Unabhängigkeit gibt es nicht umsonst! Man muss viel Herzblut, Schweiß und auch die eine oder andere Träne investieren, ohne dabei den Spaß und die Liebe zum Beruf zu verlieren. Der steinige Weg wird sich aus- zahlen und wenn ihr jemanden habt, der euch dabei unterstützt, dann wird es sich auch nicht mehr so schwer anfühlen. Die größte mentale Unterstützung bei mir kommt von meiner Familie und aus meinem Freundeskreis. Mein Vater war selbst 30 Jahre als Zahnarzt tätig und hat seine Praxis vor sechs Jahren verkauft. Ich profitiere von sei- nem Wissen, tausche mich zudem viel mit meinen Kollegen aus kleineren Qualitäts- zirkeln und Zahnärztevereinen aus. Nicht zuletzt verdanke ich auch meinem Team, das aus meiner Vision „unsere Vision“ gemacht und damit maßgeblich zum Erreichen unserer Ziele beigetragen hat. Das gesamte wirtschaftliche und unternehme- rische Risiko trage ich allerdings alleine. Nur Praxis oder auch eine Marke? Mit striktem Fokus auf der Verbesserung der allgemeinen Mundgesundheit und ausführ- licher Aufklärung vereinen wir das klassische Bild einer Zahnarztpraxis mit dem Ziel, unsere Qualitätsansprüche nicht nur als guten Ruf, sondern auch als „Marke“ zu etablieren. Eine Marke, mit der sich sowohl die Patienten als auch meine Mitarbeiter identifizieren können. Durch unsere Corpo- rate Identity verstehen wir uns als ein Unter- nehmen mit Wiedererkennungswert. Ich finde es schön, dass wir zudem einen persönlichen und dennoch professionellen Umgang zu unseren Patienten pflegen. Durch unsere regionale Verbundenheit kennt man irgendwann das halbe Dorf und nimmt sich gern die Zeit für einen „Klönschnack“ im Praxisalltag. Bei allem ist das Wichtigste für uns, dass jeder Patient und auch das gesamte Team zufrieden ist. Dass wir es schaffen, moderne Zahnmedizin in Präzision zu leben und da- bei unseren Spaß am täglichen Handwerk auszustrahlen, macht uns authentisch. Das schätzen unsere Patienten. Ein ausgeklügeltes Marketing-Konzept ha- ben wir nicht. Wir beschränken uns auf den Einsatz sozialer Medien wie Instagram und Facebook, um generationsübergreifend an unsere Patienten mit einer Mischung aus 6 7 Lilly Qualen wurde 1991 in Schleswig- Holstein geboren. Nach dem Studium der Zahnmedizin von 2010 bis 2015 an der Universität Leipzig und der zahnärzt- lichen Approbation folgte die Assistenz- zeit in einer Praxis für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Hamburg. Anschlie- ßend führte der Weg für eineinhalb Jahre in eine Praxis für allgemeine Zahnheilkunde mit Schwerpunkt Implantologie, Endo- dontie und Ästhetik in Lübeck. Parallel zu Studium, Doktorarbeit und Assistenz- zeit absolvierte sie diverse freiwillige Hospitationen und Praktika in unter- schiedlichen MKG-Praxen und zahntech- nischen Laboren. Am 1. April 2018 ließ sie sich in eigener Praxis in Niendorf an der Ostsee nieder. \ Kurzbiografie Das Praxisteam Foto: Fotostudio Ganzer & Berg

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