Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2534) Ein 37-jähriger Patient wurde von einem niedergelassenen MKG-chirurgischen Kolle- gen mit einem rezidivierenden, histologisch gesicherten Steatozystom des Gaumens überwiesen. Anamnestisch war bereits eine zweimalige lokale Exzision des Befundes er- folgt. Klinisch stellte sich eine symptomlose, am Übergang vom Palatum durum zum Pala- tum molle linksseitig gelegene, circa 1 cm große, runde, klar begrenzte, weiche, nicht druckdolente Erhebung dar (Abbildung 1). Zur weiteren Diagnostik und zur Beurteilung der Ausbreitung und der Infiltration des Befunds wurde eine Magnetresonanztomo- grafie (MRT) durchgeführt. Hier zeigte sich eine submukosal gelegene, 8 mm x 10 mm x 8 mm große, glatt begrenzte, T1 hyper- tense, T2 inhomogen teils hypointense, teils isointense Raumforderung mit deutlichem Signalabfall in T2-Fettsättigung (Abbildung 2). Es bestand kein Hinweis auf knöcherne Infiltration. Daher wurde der Befund mit einem Sicherheitsabstand von 1 bis 2 mm unter Schonung des Nervus und der Arteria palatina major bis auf den palatinalen Knochen reseziert (Abbildung 3). Da eine sekundäre Granulation des Defekts intendiert war, wurde die Wunde zuerst zur Blutungsprophylaxe mit einer Cellulose- Tamponade und einem Tranexamsäuregel versorgt. Anschließend wurde als Druckver- band und Wundschutz eine Verbandsplatte eingegliedert (Abbildungen 4 und 5). Die histopathologische Aufarbeitung des ent- nommenen Präparats ergab ein mit Platten- epithel bedecktes Weichteil- und Drüsen- gewebe mit Manifestationen einer zys- tischen, regressiv veränderten epithelialen Läsion, das mit dem klinisch bekannten Steatozystom vereinbar ist. In den Nach- sorgeuntersuchungen im Intervall von drei Monaten zeigte sich eine zeitgerechte Wundheilung mit vollständiger Restitutio ad integrum ohne Anhalt für ein Rezidiv. Diskussion Das Steatozystom stellt eine seltene, benigne Talgdrüsenzyste dar, die als Folge einer Mutation im Keratin-17(K17)-Gen entsteht [Smith et al., 1997], durch die der Aufbau des Keratin-Intermediärfilament-Netzwerks gestört wird [Covello et al., 1998]. Die meis- ten Fälle treten in der zweiten und in der dritten Lebensdekade auf [Varshney et al., 2011]. Allerdings wurden auch angeborene Fälle sowie seltene Fälle in der siebten Le- bensdekade beobachtet [Park et al., 2000; Riedel et al., 2008]. Das Steatozystom mul- tiplex zeigt klinisch multiple symptomlose Zysten, die als helle Knötchen, vor allem an den Achselhöhlen, an den Leisten, am Rumpf und an den Extremitäten [Kamra et al., 2013], imponieren. Hier ist häufig eine für die Erkrankung positive Familien- anamnese vorhanden. Im Gegensatz hierzu wird die noch seltenere, isoliert vorkom- mende Form dieser Erkrankung als Steato- zystoma simplex beschrieben [Sharma et al., 2018], wobei sich beide Formen histo- pathologisch nicht unterscheiden. Als Diffe- renzialdiagnose – vor allem im Bereich der behaarten Kopfhaut – sollte vor allem die Der besondere Fall mit CME Erstbeschreibung eines palatinalen Steatozystoma simplex Sebahat Kaya, Peer W. Kämmerer Die Überweisung eines niedergelassenen Kollegen ergab eine Überraschung: Am Gaumen des Patienten befand sich ein Steatozystom simplex – eine seltene benigne Talgdrüsenzyste, über deren enorale Manifestation sich in der Literatur bislang nur ein einziger Fall findet. Die außergewöhnliche Lokalisation am Gau- men wird hier erstmals beschrieben. Kliniker präsentieren Fälle mit hohem diagnostischem Schwierigkeitsgrad. Abbildung 1: Klinischer Situs bei Erstvorstellung: Es zeigt sich eine bläulich scheinende Erhebung am Übergang vom linken Palatum durum zum Palatum molle. Alle Fotos: Kämmerer 52 Zahnmedizin
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