Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2540) der Umgang mit chronischen Erkrankungen und weitere Leistungen“. Wang Tao, Vor- standschef von Ping An Good Doctor, hofft, dass so „jede Familie ihren eigenen Hausarzt, jeder Einzelne eine Elektronische Patientenakte und jeder einen Plan für sein eigenes Gesundheitsmanagement haben kann“. Persönliche Arztbeziehung – in China virtuell per App Interessant ist, dass das Unternehmen den innovativen Ansatz für sein chinesisches Hausarztmodell in der persönlichen Bezie- hung zwischen Arzt und Patient sieht. Einer Beziehung, „die von Vertrauen, Wissen und einer langfristig angelegten Verbundenheit getragen wird und die Branche in ein Zeit- alter führt, das von Hausärzten geprägt ist“. Die Botschaft mag für deutsche Ohren wenig innovativ klingen, Tatsache ist aber, dass die Chinesen ein anderes Verständnis von dieser „persönlichen Beziehung“ haben. Denn Ping An realisiert die Konsultationen mithilfe eines computeranimierten, virtuellen Mediziners via App. Und diese wird massen- haft genutzt: Ende Juni hatte das Unterneh- men mehr als 289 Millionen registrierte be- ziehungsweise 62,7 Millionen aktive Nutzer, die in der ersten Jahreshälfte täglich durch- schnittlich 650.000 Anfragen an das KI-ge- stützte Diagnosesystem stellten. Dies ver- gibt auch Überweisungen zu Fachärzten, stellt Rezepte aus und liefert auf Wunsch die Medikamente über die eigene Online- apotheke innerhalb einer Stunde aus. Ein Angebot, das Amazongründer Jeff Bezos mit seinen Unternehmenszukäufen offenbar ebenfalls anstrebt. Doch auch die anderen vier großen Tech- Konzerne engagieren sich stark im Gesund- heitsbereich: Eine Forschungsabteilung von Facebook arbeitet mit der Radiologie-Abtei- lung einer New Yorker Universitätsklinik an einem Forschungsprojekt zur KI-gestützten Diagnose bildgebender Verfahren. Googles Tochterunternehmen „Verily“ gab im Mai eine strategische Allianz mit den Pharma- riesen Novartis, Otsuka, Pfizer und Sanofi bekannt, „um neue klinische Forschungs- programme zu entwickeln, zu Herz-Kreis- Das Berliner Start-up „MX Healthcare“ hatte Ende Oktober bekanntgegeben, dass seine KI-Software Vara die CE- Kennzeichnung zum Einsatz in der Brustkrebsvorsorge erhalten hat. So- mit könnte Vara bald bei der Teil- automatisierung von Brustkrebs-Scree- nings zum Einsatz kommen. Die Idee: KI filtert sicher negative Befunde – bis zu 97 Prozent aller Mammogramme sind unauffällig und bräuchten dann nicht mehr beurteilt werden –, damit Radiologen Zeit für die übrigen Auf- nahmen gewinnen. Angesichts des zunehmenden Zeit- drucks sei dies für alle Radiologen welt- weit eine anstrengende und zugleich fehleranfällige und für die Gesund- heitssysteme eine kostenintensive Auf- gabe, heißt es. Und der Trend weg von der klassischen 2-D-Mammografie hin zur Tomosynthese erhöhe zwar die Aussagekraft von Screenings – aber auch die zu befundende Bilderanzahl. „Krankenversicherer zahlen heutzutage Millionen für sich wiederholende Fließ- bandarbeiten. Vara kann das für einen Bruchteil der Kosten tun“, erklärt MX- Healthcare-Chef Jonas Muff. Die Vision des Unternehmens ist nach eigenen Angaben, durch diese Kostenreduktion die Brustkrebsvorsorge weltweit er- schwinglich zu machen. Nach der Zulassung geht die Software jetzt in den Vertrieb. MX Healthcare hat sich bereits mit mehreren Radio- logie-Gruppen und Tele-Radiologie- Anbietern in ganz Europa zusammen- geschlossen, um Vara in nationalen Screening-Programmen einzuseten. Derzeit ist das Programm in fünf europäischen Ländern im Einsatz. In Deutschland laufen zurzeit Gespräche mit verschiedenen Krankenkassen, um die Software zunächst in selektiv- vertraglichen, regionalen Settings zum Einsatz zu bringen, berichtet das Unternehmen. \ Erste Software für Krebs- Screening zugelassen KI IN DEUTSCHLAND lauf-Erkrankungen über Onkologie bis hin zur psychischen Gesundheit“. Gleichzeitig arbeitet Verily in einem Joint Venture mit dem weltweit tätigen US-Pharmazie- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson an der Entwicklung von OP-Robotern. Erste Produkte sind für Ende 2020 angekündigt. Und während Apple mit renommierten Uni- kliniken an den Themen Tracking, Auswertung von auditiven Umgebungsinformationen und Analyse von Bewegungs- sowie Herz- Kreislauf-Daten via Apple Watch forscht, lotet Microsoft für seinen Clouddienst „Azure“ seine Marktchancen bei der Spei- cherung von Gesundheitsdaten aus. Nach Einschätzung von Experten ist das Engagement der Konzerne verständlich: Sie gehen im Mittel davon aus, dass das Markt- volumen 2025 für „Digital Health“ allein in Deutschland bei rund 38 Milliarden Euro liegen könnte. Seriöse Referenzwerte sind kaum zu finden, man findet lediglich Prog- nosen für „eHealth“ im deutschen Gesund- heitswesen. So bezifferte die „Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außen- wirtschaft und Standortmarketing“ (GTAI) den Umsatz in diesem Bereich für 2017 mit 400 Millionen Euro, den einzigen Wert für 2018 (491Millionen Euro) liefert „Statista“, ein deutsches Online-Portal für Statistik. Das größte Potenzial wird dabei KI- basierten Dienstleistungen beigemessen. Hier gehen die Befragten davon aus, dass das globale Marktvolumen bis 2025 auf 16 Milliarden Euro steigt. Vergleichzahlen lie- fert Roland Berger nicht, der Wert scheint aber nicht völlig aus der Luft gegriffen: Der Digitalverband Bitkom schätzte im Januar 2019 das aktuelle Marktvolumen für KI in Europa auf drei Milliarden Euro und rechnet bis 2022 mit einem Anstieg auf zehn Milliar- den Euro. Das größte Anwendungspotenzial sehen die Experten in den Bereichen digitale Über- wachung, Prävention sowie KI-unterstützte Diagnostik. Auf einer Skala von 1 (wenig Ein- fluss) bis 4 (hoher Einfluss) prognostizieren sie in allen Segmenten einen Wert über 3. Nach ihrer Einschätzung wird KI bis zum Jahr 2025 auch auf Therapieentscheidun- gen und -durchführungen großen Einfluss haben. 58 Gesellschaft

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