Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2541) Global betrachtet sieht die Studie auch für niedergelassene Ärzte einen großen Veränderungsdruck, weil Krankenhäuser und weltweite Telemedizinanbieter in den ambulanten Bereich drängen. Es wird geschätzt, dass bis 2025 rund 20 Prozent der ärztlichen Leistungen durch Künstliche Intelligenz ersetzt sein werden. Was die Arzt- und Therapiewahl betrifft, werden Krankenversicherer dagegen „eine deutlich größere Rolle spielen und ihre Versicherten viel stärker als heute steuern“, vermuten fast 80 Prozent der Experten. Knapp jeder zweite Befragte rechnet außerdem damit, dass Versicherungen in sechs Jahren digitale Diagnose- und Therapieunterstützungen anbieten und die Kunden diese auch nutzen. \ Bedeutungsverlust für Ärzte, Bedeutungsgewinn für Kassen F AZIT Fast 70 Prozent der Befragten rechnen laut Roland Berger damit, dass Genom-Analysen den Gesundheitsmarkt bis 2025 stark bis sehr stark verändern werden. Sie erwarten, dass bis dahin das Genom von rund 20 Pro- zent der Menschen typisiert ist. Auch bei der KI-gestützten Analyse bildgebender Verfahren habe sich gezeigt, „dass diese Verfahren sehr zuverlässig sind“, lautet das Fazit. Was die Arbeit verschweigt: Eine Viel- zahl von internationalen Studien legt das Gegenteil nahe. Digitale Überwachung hat mit das größte Potenzial Für den Bereich personalisierte Medizin gehen die Fachleute davon aus, dass 2025 bereits in 30 Prozent der Fälle individuali- sierte Therapien zum Einsatz kommen. „Di- gitale Zwillinge“ – also ein auf der Grund- lage seiner ausgelesenen DNA erstelltes virtuelles Abbild eines Patienten, mithilfe dessen sich simulieren lässt, wie ein mensch- licher Körper auf ein bestimmtes Medika- ment oder eine Therapie reagiert – soll in 40 Prozent aller Fälle zum Einsatz kommen, mutmaßen die Experten. Dies entspreche in Deutschland bei rund 13 Millionen medi- zinischen Krankenhausbehandlungen ohne OP mehr als fünf Millionen Anwendungs- fällen. Allgemein sei davon auszugehen, dass sich Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft vor allem über Kooperationen im Gesundheitsmarkt etablieren und „bald auf Augenhöhe mit klassischen Akteuren des Gesundheitsmarktes positioniert sind“. Da- bei spielen die enormen Finanzmittel und die Datenhoheit gleichermaßen eine Rolle. Dementsprechend gehen sieben von zehn befragten Experten davon aus, dass Patien- ten gegen finanzielle Anreize künftig ihre Gesundheitsdaten mit Versicherern teilen. Sechs von zehn glauben zudem, dass die Marktteilnehmer ihre IT-Systeme angleichen und damit die Grundlage für einen stärkeren Datenaustausch auf den Plattformen legen. Ob und wie der gesetzliche Rahmen all diese Innovationen bremst oder beschleu- nigt, bleibt offen. Allerdings: Dass die Ge- setzgebung im Jahr 2025 den verstärkten Austausch vertraulicher Gesundheitsdaten erlauben wird, damit rechnet knapp die Hälfte der Befragten. mg Zur Methodik: Zwischen März und April 2019 bat die Unternehmensberatung Roland Berger 400 Experten des Gesundheitswesens, die weitere Entwicklung der Digitalisierung der Branche einzuschätzen. Das Panel umfasste „alle relevanten Stakeholder-Gruppen entlang der Behandlungskette, darunter Patienten, Ärzte, Verantwortliche aus Kliniken, privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus der Pharmaindustrie und Medizin- technik“. Der Großteil der Befragten stammte aus Europa (Deutschland, Österreich, Schweiz: 40 Prozent, weitere europäische Länder: 40 Prozent, andere Länder: 20 Pro- zent). Die Ergebnisse wurden in einer zweiten Befragungswelle in Einzelinterviews mit führenden Branchenvertretern validiert. Der Markt mit Apps auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI), die Kunden Selbstdiagnose, Therapie oder Krankheitsbegleitung anbieten, wächst rasant. Google gab jüngst bekannt, für zwei Milliarden Euro das Unternehmen Fitbit kaufen zu wollen – eine Kampfansage an die Applewatch. Foto: AdobeStock/gdmohamed 59
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