Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2565) die Wissenschaftler an den Knochen immun- histochemisch die Aktivität der Osteoklasten und der Osteoblasten. Ergebnisse Bei der Jenaer Studie an normalgewichtigen Mäusen kam es nur teilweise zu ähnlichen Ergebnissen wie 2016 in der Studie mit adipösen Versuchstieren. Die US-Forscher hatten die entzündungs- fördernden Zytokine Tumor-Nekrose-Fak- tor-alpha (TNF-alpha) und Interleukin-6 (IL-6) im Blut der fettleibigen Versuchstiere untersucht. Beide werden mit Parodontitis- assoziiertem Knochenschwund in Verbin- dung gebracht [Pischon et al., 2007; Pacios et al., 2012]. Die TNF-alpha-Spiegel waren in allen Gruppen erhöht, die mit Porphyro- monas gingivalis geimpft wurden. In der Palmitinsäure-Gruppe allerdings am höchs- ten. Die Auseinandersetzung mit dem Keim führte in allen geimpften Gruppen zu verrin- gerten Knochenstoffwechselmarkern. In der aktuellen Studie waren im Blutserum der normalgewichtigen Tieren keine Unter- schiede hinsichtlich der Entzündungs- und Knochenremodellierungsmarker zwischen der Palmitin- und der Ölsäuregruppe im Unterschied zur kohlenhydratreichen Kost messbar. Die immunhistochemische Untersuchung der Knochen allerdings zeigte in der Gruppe der westlichen, Palmitinsäure-angereicherten Ernährung einen signifikanten Anstieg der Osteoklastenanzahl nach Infektion mit P. gingivalis. Die Osteoblastenanzahl verrin- gerte sich in allen Gruppen nach Kontakt mit dem Keim. Das Knochenvolumen war bei den westlich ernährten, normalgewich- tigen Mäusen vermindert. Eine Umstellung auf eine Ölsäure-basierte Ernährung konnte das wieder ausgleichen. Mehr Knochenabbau bei gesättigten Fettsäuren Schon bei den adipösen Mäusen zeigte sich, dass der alveoläre Knochenverlust nach Impfung mit P. gingivalis in der Gruppe der mit Palmitinsäure angereicherten hoch- kalorischen Kost signifikant höher war, verglichen mit der Palmitinsäure-Gruppe, die mit einem Placebo geimpft wurde. Bei den Tieren, die nicht mit P. gingivalis in Ver- bindung kamen, blieb der Abstand von der Schmelz-Zement-Grenze zum alveolären Knochenrand über alle Gruppen gleich. Nach Infektion mit P. gingivalis unterschied sich dieser Abstand nicht signifikant in der Ölsäure- und in der normal-kalorischen Kontrollgruppe. Nur in der infizierten Palmitinsäure-Gruppe war der Abstand um 20 Prozent erhöht. Eine mit Palmitinsäure angereicherte west- liche Ernährung beinhaltet im Gegensatz zu einer eher mediterranen Ernährungsweise (Ölsäure) ein entzündliches Potenzial, das den alveolären Knochenverlust bei experi- mentellen Parodontalerkrankungen adipöser Mäuse beschleunigen kann. Ebenso beein- flusst sie die entzündliche osteoklastische Reaktion auf eine P.-gingivalis-Infektion in vitro. Die Ergebnisse legen weiter nahe, dass die Art der zugeführten Fettsäure den Knochenstoffwechsel und den alveolaren Knochenverlust eher beeinflusst als Ge- wichtszunahme und Adipositas an sich. Auch bei normalgewichtigen Versuchstieren zeigt sich eine langfristige negative Auswir- kung einer westlich-geprägten, Palmitinsäure- reichen Ernährung auf das Knochenvolumen und den Knochenstoffwechsel aufgrund von vermehrtem Vorkommen an Osteoklasten nach Infektion mit Porphyromonas gingi- valis. Fehlende systemische Entzündungs- zeichen im Serum in der aktuellen Unter- suchung aus Jena erklären die Forscher damit, dass die Entzündung zum Zeitpunkt der Analyse bereits abgeklungen gewesen sein könnte. Dr. med. dent. Kerstin Albrecht Medizin-/Dentaljournalistin albrecht@sanustext.de Muluke M, Gold T, Kiefhaber K, Al-Sahli A, Celenti R, Jiang H, Cremers S, Van Dyke T, Schulze-Späte U (2016): Diet-Induced Obesity and Its Differential Impact on Periodontal Bone Loss. Journal of Dental Research, Vol. 95(2) 223–229 Zimmermann S, Döding A, Iffarth VK, Michler F, Maghames A, Bastian A, Sigusch B, Schulze-Späte U: Einfluss der Ernährung auf das inflammatorische Risiko und den syste- mischen Knochenstoffwechsel bei Parodontitis. Kurzvortrag DG-Paro-Jahrestagung, 19.9.–21.9.2019, Darmstadt Quellen Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Palmitinsäure ist eine gesättigte Fettsäure, die in tierischen Fetten wie Schweine- schmalz, Butter und Sahne, aber auch in Palmöl enthalten ist. In größerenMengen erhöht sie die Blutfette und leistet so Atherosklerose Vorschub. Gleichzeitig sind das Herzinfarkt- und das Schlag- anfall-Risiko erhöht. Ölsäure ist die bedeutendste einfach ungesättigte essenzielle Fettsäure in der Nahrung. Sie kommt in Oliven- und in Sonnenblumenöl vor und ist in der medi- terranen Kost häufig anzutreffen. Palmitinsäure und Ölsäure sind die am häufigsten vorkommende gesättigte und die bedeutendste einfach ungesättigte Fettsäure in der westlichen Ernährung und in adipösen Geweben [Baylin et al., 2002]. Fettsäuren I NFO 83

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