Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2571) der Initiierung und Progression sowohl von Karies als auch von Parodontalerkrankungen beteiligt sind – der Schlüssel zur Verbesse- rung der Präventionsstrategien zur Erhaltung der Mundgesundheit [Sanz et al., 2017]. Genetische und erworbene Risikofaktoren \ Arbeitsgruppe 2: Wechselwirkungen von „Lifestyle“, Verhalten oder systemischen Erkrankungen mit Mundgesundheit, Karies und parodontalen Erkrankungen Die Diskussionen in dieser Gruppe unter dem Vorsitz von Iain Chapple (EFP) und Andreas Schulte (ORCA) basierten auf einer systematischen Untersuchung der genetischen Risikofaktoren, einer narrativen Übersicht der Rolle von Diät und Ernährung sowie einer Referenzdokumentation für modifizierbare erworbene Risikofaktoren, die beiden Erkrankungen gemeinsam sind. Es gibt mäßig starke Evidenz dafür, dass eine Person für parodontale Erkrankungen bezie- hungsweise für Karies teilweise genetisch prädisponiert ist, wobei die Literatur für Ers- tere umfangreicher ist als für Letztere. Die beteiligten Gene sind für beide Erkrankun- gen offenbar unterschiedlich und es wurden keine gemeinsamen genetischen Varianten gefunden. Fermentierbare Kohlenhydrate (Zucker und Stärke) sind der wichtigste ge- meinsame Ernährungsrisikofaktor für beide Erkrankungen, aber die damit verbundenen Pathomechanismen sind unterschiedlich. Die Arbeitsgruppe kam auch zu dem Schluss, dass „Functional Food“ oder Pro- biotika bei der Kariesprävention und der Be- handlung von parodontalen Erkrankungen hilfreich sein könnten. Sie stellte jedoch fest, dass die Evidenz begrenzt ist und die beteiligten biologischen Mechanismen noch nicht ausreichend verstanden sind. Im Hinblick auf die erworbenen Risikofaktoren für Karies und parodontale Erkrankungen sind die häufigsten Hyposalivation, rheuma- toide Arthritis, Rauchen, nicht diagnostizier- ter oder schlecht kontrollierter Diabetes und Adipositas [Chapple et al., 2017]. Prävention \ Arbeitsgruppe 3: Prävention und Kontrolle von Karies und parodontalen Erkrankungen auf individueller und bevölkerungsbezoge- ner Ebene Unter dem Vorsitz von Søren Jepsen (EFP) und Vita Machiulskiene (ORCA) überprüfte diese Gruppe den aktuellen Wissensstand zu Epi- demiologie, Sozialverhalten (soziale Faktoren und Determinanten) und Plaquekontrolle. Sie stellte fest, dass Karies und parodontale Erkran- kungen gemeinsame Risikofaktoren und soziale Determinanten aufweisen, die für Prävention Das Projekt „Perio & Caries“ baut auf den Ergebnissen des EFP-Perio-Workshops im November 2016 auf, bei dem es um die Zusammenhänge und Abgrenzungen von Karies und Parodontitis ging. Auf diesem Workshop, der als Konsensuskonferenz gemeinsam von der EFP und der ORCA organisiert wurde, hatten 75 international ausgewiesene Parodontologen und Kario- logen, unter denen die deutschen Teil- nehmer die größte (!) Gruppe bildeten (Abbildung 2), Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden großen Volks- krankheiten hinsichtlich ihrer Verbreitung, Ätiopathogenese, Risikofaktoren und Prä- vention analysiert. Als Ergebnis der Kon- ferenz wurden Konsensusdokumente aus vier Arbeitsgruppen publiziert (www.efp. org/publications/projects/perioandcaries) . Im Jahr 2017 wurden insgesamt 19 wissenschaftliche Texte zu dem Thema im Journal of Clinical Periodontology ver- öffentlicht. Trotz unterschiedlicher Erkrankungsbilder teilen Karies und Parodontitis eine Reihe gemeinsamer Risikofaktoren. Im Mittel- punkt stehen dabei die Prozesse im oralen Mikrobiom und die damit verbundenen Einflüsse und Wechselwirkungen in und mit den hier vorhandenen Biofilmen. Die Entstehung und das Fortschreiten beider Erkrankungen ist gekoppelt an Plaque- akkumulation und Veränderungen in den mikrobiellen Wechselwirkungen. Karies und Parodontitis sind die häufigsten Erkrankungen der Menschheit. Das Konsen- susprojekt hatte sich daher auch zum Ziel gesetzt, präzise formulierte Präventions- maßnahmen sowohl für die individuelle als auch für die bevölkerungsweite Vorsorge zu verabschieden. Im Jahr 2018 folgten ver- schiedene Broschüren, die sich mit konkreten evidenzbasierten Empfehlungen an verschie- dene Zielgruppen – Praxisteams, Patienten, medizinisches Fachpersonal, Wissenschaft und gesundheitspolitische Entscheidungs- träger – richten. Diese Broschüren erschienen zunächst in englischer Sprache und werden in Kürze auf Deutsch über die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e. V. (DG PARO) verfügbar sein (www.dgparo.de ). Das Projekt „Perio & Caries“ Abbildung 2: Die deutschen Experten: oben v.l.n.r.: Prof. Paris, Prof. Buchalla, Prof. Meyle, Prof. Dietrich, Prof. Kocher, Prof. Conrad, Prof. Eickholz, Prof. Schwendicke, Prof. Dommisch, unten v.l.n.r.: Dr. Schmoeckel, Prof. Schulte, Prof. Schlüter, Prof. Jepsen, Prof. Dörfer. Foto: EFP 89

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