Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22
zm 109, Nr. 22, 16.11.2019, (2572) und Kontrolle wichtig sind. Drei systematische Übersichtsarbeiten konzentrierten sich auf (1) die globale Krankheitslast durch Karies und Parodontitis, (2) sozio-verhaltensbezogene Aspekte bei der Vorbeugung und Kontrolle von Karies und parodontalen Erkrankungen auf indivi- dueller und Populationsebene und (3) mechanische und chemische Plaque- kontrolle bei der gleichzeitigen Behandlung von Gingivitis und Karies. Die wichtigsten Ergebnisse zeigten, dass die Kariesprävalenz und -erfahrung in den vergangenen drei Jahrzehnten in vielen Regionen in allen Altersgruppen abgenom- men hat, aber eine soziale Polarisation bei der Kariesverteilung besteht. Während einige Studien einen möglichen Rückgang der Prä- valenz von Parodontitis gezeigt haben, gibt es unzureichende Evidenz dafür, dass sich die Prävalenz in den vergangenen Jahrzehn- ten verändert hat. Durch das weltweite Bevölkerungswachstum und den höheren Zahnerhalt ist die Zahl der von Karies und Parodontitis betroffenen Menschen deutlich gestiegen: unbehandelte Karies um 37 Pro- zent und schwere Parodontitis um 67 Pro- zent zwischen 1990 und 2013. Die Verlage- rung der Krankheitslast durch Karies und Parodontitis ins höhere Lebensalter (Morbidi- tätsdynamik) zeigt sich auch in der deutschen DMS-V-Studie. Der wichtigste Verhaltens- faktor für beide Erkrankungen ist eine effi- ziente, selbst durchgeführte Mundhygiene – Zähneputzen mit einer Zahnbürste, Ver- wendung von Fluoridzahnpasta und Reinigung der Zahnzwischenräume. Professionelle Zahnreinigung, Mundhygieneinstruktionen und -motivation durch die Zahnarztpraxis, Ernährungsberatung und Fluoridanwendung sind für den Schutz vor Karies und Gingivitis gleichermaßen geeignet [Jepsen et al., 2017]. Alterszahnmedizin \ Arbeitsgruppe 4: Altersbedingte Auswir- kungen auf Mundgesundheit, Karies und parodontale Erkrankungen Unter dem Vorsitz von Maurizio Tonetti (EFP) und Sebastian Paris (ORCA) überprüfte diese Gruppe die wissenschaftlichen Erkenntnisse und entwickelte spezifische Empfehlungen für die Prävention bei älteren Patienten zur Vorbeugung von Zahnverlust, zur Erhaltung der Kaufunktion und zur Sensibilisierung der Patienten für die gesundheitlichen Vorteile der Mundhygiene als wesentlicher Bestand- teil eines gesunden Alterns. In den vergange- nen zwei Jahrzehnten haben die Fortschritte bei der Vorbeugung und Behandlung von Karies und parodontalen Erkrankungen die Mundgesundheit und die Zahnerhaltung in der erwachsenen Bevölkerung verbessert. Die alternde Bevölkerung und die steigenden Erwartungen älterer Menschen an eine gute Mundgesundheit stellen große Herausfor- derungen für die klinische Versorgung und die Gesundheitssysteme dar. Es wurden drei systematische Übersichten durchgeführt: (1) Aspekte der Karies und Parodontal- erkrankungen bei älteren Menschen (2) Auswirkungen des Alterns auf Karies und Parodontalerkrankungen Gemeinsamkeiten von Karies und Parodontitis NCD* (chronische nicht-übertragbare Erkrankung) Prävalenz hoch Gesundheitskosten hoch Ätiologie Multifaktoriell Dysbiose Pathogenese Verlauf über arretierbares (Karies) bzw. reversibles (Gingivitis) Stadium Risikofaktoren Mundhygiene Zucker Rauchen Hyposalivation Diabetes Alter (Immunseneszenz) Gemeinsame Risikofaktoren mit anderen NCDs (z.B. kardiovaskuläre Erkrankungen) Sozialer Gradient Prävention – möglich Tabelle 1: * Non Communicable Disease nach WHO, [Quelle: Jepsen, Dommisch, Splieth, Paris] Karies azidogenes, säuretolerantes Mikrobiom Initialkaries (ohne Kavitation) Parodontitis inflammophiles, proteolytisches Mikrobiom Gingivitis (ohne Attachmentverlust) 90 Zahnmedizin
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