Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24
zm 109, Nr. 23-24, 1.12.2019, (2630) WISO Schein-Journalismus – Beschwerdestellen auch nutzen \ Zum Beitrag „WISO Schein-Journalismus: Abzocke mit Eigenlabor“, zm 21/2019, S. 34–45. Über die Art der Berichterstattung des ZDF Magazins „WISO“ kann man sicher kontrovers diskutieren. Eine Beschwerde mehrerer Kollegen wäre nicht nur im Interesse der Inhaber von Eigenlaboren. Wieder einmal wird der Zahnarzt als „Abzocker“ bezeichnet. Und dieses Bild trifft uns alle. Aber dann müssen wir uns an die richtige Stelle wenden: Der Presserat wird eine Beschwerde über „WISO“ ablehnen, mit demHinweis, er ist nicht für Rund- funk zuständig: Nur ein Verlag, eine Redaktion bzw. ein Portal kann sich als Anbieter von „Telemedien mit journalistisch-redaktionellen Inhalten, die nicht Rundfunk sind“ freiwillig zum Pressekodex bekennen. Die Be- schwerdestelle beim ZDF ist hier der ZDF-Fernsehrat. Generell sind die Beschwerdezahlen im Deutschen Presserat zu Fachzeitschriften extrem niedrig. 2019 wurden lediglich acht Beschwerden dazu bearbeitet. Zu der im Artikel genannten Ziffer 14 des Pressekodex über die Medizin- Berichterstattung gab es 2019 nur zwei Hinweise und eine Rüge. 2018 eine Rüge und vier unbegründete Beschwerden. Der Pressekodex stellt in seiner Form die publizistischen Grundsätze der Presse dar. Er wird vom Deutschen Presserat in Zusam- menarbeit mit den Presseverbänden beschlossen. Ebenso wichtig, der Presserat ist nur für „Verlage, Redak- tionen oder Portale zuständig, die sich der Selbstverpflichtung des Presse- kodex unterworfen haben“ (Deutscher Presserat). Man kann also die Kollegen nur auffordern, sich in Zukunft durch- aus an die zuständigen Beschwerde- stellen, insbesondere den Deutschen Presserat, öfter zu wenden und un- seriöse Berichterstattung damit an den Pranger zu stellen. Dr. med. dent. B.A. Jan Conzelmann, Sigmaringen Kooperationsverträge – Was messen wir als Erfolg? \ Zu den Beiträgen „KZBV und GKV-SV stellen ersten gemeinsamen Evalutationsbericht vor: 4.331 Kooperationsverträge für Pflegeheime“, zm 17/2019, S. 82; „Zahnärztliches Arbeiten in Pflegeeinrichtungen – Teil 1: Kooperationsverträge – ein Erfolgsmodell“, zm 17/2019, S. 84–92; „Zahnärztliches Arbeiten in Pflegeeinrichtungen – Teil 2: Patientenbehandlung im Rahmen eines Kooperationsvertrags“, zm 18/2019, S. 84–93. In zwei Ausgaben der Zahnärztlichen Mitteilungen wird die zahnärzt- liche Betreuung von Altersheimen als gut dargestellt. Das Gegenteil ist der Fall. In fett steht Abdeckungsgrad von 30% vom Autor pr/pm. Alle Leser haben die Oberstufe durchlaufen. In ihr werden Statistiken analysiert und bewertet. 30% ist aus meiner Sicht einfach nur schlecht, zumal das Kooperationsmodell seit 2014 besteht. Für Schulnoten reicht 30% für mangelhaft oder ungenügend. Ich bin seit langem Zahnarzt für Altersheime. Ich vertrete die Mehrheit. 70% der statio- nären Heimbewohner haben keinen Zahnarzt oder Arzt! Der Autor Dr. Ludwig, Referent für Alterszahnheilkunde der LZK Ba- den-Württemberg, hat seit Jahren anderslautende Informationen aus Reihen der betreuenden Zahnärzte. Das in den zm vorgestellte Modell ist so abstrakt irreal wie eine Modelleisenbahn. Gerne würde ich mir nur noch über die Sortierung und Farbgestaltung meiner, im Heim perfekt vorsortierten und ge- führten, Karteikarten Gedanken machen müssen. Welcher Interdental- bürstchenansatz bei welchem Patient? Die nicht kooperierenden Heime machen maximal Schmerzbehandlung. Nach eigener Statistik sterben Menschen 2,5 Jahre nach Einlieferung ins Heim. Viele Heime bekommen das ohne Zahnarzt bis zum Tod durch. Die Befunde sind x,f,ww. Die KZV sieht in den Abrechnungsdateien keine Befunde, son- dern nur Untersuchungen. Eine durchgeführte Reihenuntersuchung, selbst in Kooperationsheimen, sagt deshalb nichts über den Gebiss- zustand. Das SGB schreibt für die Heime keine ärztliche oder zahn- ärztliche Betreuung vor. Also machen die Heime es auch nicht. Menschen in Heimen haben, obwohl krankenversichert, keinen Zu- gang zur medizinischen Versorgung. Nach Durchsicht der Medika- tionslisten war es offenkundig, dass der Zugang auch für die ärztliche Versorgung nicht besteht. Die Hausarztpraxen gab es nicht mehr oder die Einträge waren nicht da oder völlig veraltet. Den baden- württembergischen Akteuren KZV, Krankenkassen, Sozialministerium wurde über Jahre alles detailliert geschickt. Reaktion keine oder keine Sachkenntnis. Bezeichnend ein Satz vom Sozialministerium: Die Heim- patienten haben freie Arztwahl. Wirklichkeitsfremder und zynischer gehts nicht mehr. Zu 95%Menschen mit Betreuer im Heim. Diese Menschen sind zu gar nichts mehr in der Lage. Sie sind auf das Tätigwerden Dritter ange- wiesen. Betreuer, leider auch viele Kinder, interessiert die medizinische und zahnmedizinische Versorgung nicht. Nein, widersprechen explizit in der Einverständniserklärung für eine reine Vorsorgeuntersuchung. 174a und 174b. Eingeführt für die vierte Dentition? Es gibt sie nicht. Menschen ohne zahnärztliche Versorgung können nicht mehr kauen, haben Schmerzen, verweigern die Nahrungsaufnahme und verhungern deshalb. Eine Pflichtuntersuchung bei stationärer Heimaufnahme muss per SGB eingeführt werden. Meine Heime haben bis jetzt keinen Kooperationsantrag gestellt. Ein „weiter so“, darf es nicht geben. Dr. med. dent. Götz Killgus, Schwäbisch Hall 12 Leserforum
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