Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 109, Nr. 23-24, 1.12.2019, (2715) Die Studie des BfR hat erst- mals die gesamte orale und dermale Aluminiumaufnahme der Bevölkerung über die Aluminiumquellen gesundheitlich bewertet. Ergebnis: Der von der Europäischen Behörde für Lebensmittel- sicherheit (EFSA) abgeleitete gesundheitliche Richtwert, der einer wöchentlichen duld- baren Aufnahmemenge (TWI) von 1 mg je Kilogramm Körpergewicht entspricht, wird im Durchschnitt zu etwa 50 Prozent allein durch Lebensmittel ausgeschöpft. Zur Bewertung der Gesamtbelastung hat das BfR zudem abgeschätzt, wie viel Aluminium wir aus Lebensmitttelkontaktmaterialien wie unbeschichteten Aluminiumschalen oder -backblechen, aus Kosmetika wie Lippen- stift, Zahnpasta, Antitranspirantien, Sonnen- schutzmitteln und Impfstoffen und weiteren Medikamenten aufnehmen. Diese Menge kann den von der EFSA abgeleiteten TWI für alle Altersgruppen überschreiten. Zu den per se besonders aluminiumhaltigen Lebensmitteln gehören Tee, Kaffee, Gewürze und kakaohaltige Lebensmittel wie Schoko- lade, auch Hülsenfrüchte, Gemüse und Ge- treide können größere Mengen enthalten. Zusätzlich können Lebensmittel durch Alu- minium aus Lebensmittelkontaktmaterialen belastet sein. Das BfR verweist insbesondere auf die hohen Aluminiumgehalte in Laugen- brezeln, die auf Alublechen gebacken wur- den, oder von Apfelsaft, der in unbeschich- teten Aluminiumtanks gelagert wurde. Da Aluminium sehr lange im Körper ge- speichert wird, ist eine hohe Exposition – insbesondere für junge Menschen – kritisch. Aluminium ist plazentagängig. Wenn junge Frauen beispielsweise über Kosmetikprodukte hohe Mengen an Aluminium aufnehmen, könnten bei einer Schwangerschaft die un- geborenen Kinder ebenfalls einer erhöhten Aluminium-Konzentration ausgesetzt sein. Eine hohe Aufnahme von Aluminiumverbin- dungen kann Entwicklungsstörungen des Gehirns und der Motorik sowie Schäden an Nieren, Leber und Knochen verursachen, da Aluminiumverbindungen Zellenschädigun- gen auslösen können. Zudem ist der Zell- stoffwechsel beeinflusst – die Zellen können sich nicht mehr ausreichend mit Energie versorgen, was zum Absterben der Zelle führen kann. Die BfR-Studie zeigt, dass die gesundheitlich tolerierbaren wöchentlichen Aufnahme- mengen in allen Altersgruppen deutlich über- schritten werden können. Das BfR empfiehlt daher, die Aluminiumaufnahme aus allen vermeidbaren Quellen zu verringern, um ein erhöhtes Gesundheitsrisiko zu vermeiden. Der Tipp: Wer seine Aluminiumaufnahme reduzieren will, sollte sparsam mit unbe- schichteten Lebensmittelkontaktmaterialien, Antitranspirantien und aluminiumhaltigen kosmetischen Produkten umgehen. Von der Zubereitung und Lagerung von (insbeson- dere) sauren und salzigen Lebensmitteln aus unbeschichteten Aluminiumbehältnissen oder Alufolie rät das BfR generell ab. Quelle: Tietz, T., Lenzner, A., Kolbaum, A.E. et al.: Arch Toxicol (2019); „Aggregated aluminium exposure: risk assessment for the general population“; online veröffentlicht am 28. Oktober 2019; doi: org/10.1007/s00204–019–02599-z Studie zur Aluminiumaufnahme Bundesinstitut warnt vor Aluminium – auch in Zahnpasta Die Deutschen nehmen möglicherweise gesundheitlich bedenkliche Mengen an Aluminium auf. Das zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Die Quellen: Alufolie, Kochgeschirr, Kosmetik – und Zahnpasta. In Zahnpasta ist die Verwendung von Alu- miniumfluorid bis zu einer Konzentration von 1.500 ppm (0,15 Prozent bezogen auf den Fluoridgehalt) gemäß der Euro- päischen Kosmetikverordnung (Verord- nung (EG) Nr. 1223/2009) zulässig, die Angaben zur tatsächlichen Verwendung sind jedoch intransparent. Das Gros der Produkte scheint Natrium- fluorid statt Aluminiumfluorid zu enthalten. Eine relevante Aluminiumaufnahme ist daher vorwiegend bei der Verwendung von „Whitening“-Zahnpasten zu erwar- ten, die Aluminiumoxid oder -hydroxid als Schleifmittel enthalten können. Laut einer Studie der norwegischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (VKM) von 1997 liegt der Medianwert des Aluminiumgehalts bei 4,5 Prozent. Analysen der Öster- reichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) in 2017 an 15 Zahnpastaproben zeigten eine hohe Diversität der Ergebnisse mit einemmittleren Gehalt von 0,9 Prozent und einemMedian von nur 0,02 Prozent. Der höchste gefun- dene Gehalt betrug 3,9 Prozent. Pro Tag werden nach Angaben des wissen- schaftlichen Komitees für Konsumenten- sicherheit der Europäischen Kommission (SCCS) circa 2,75 g Zahnpasta verwendet, wovon etwa 138 mg (5 Prozent) geschluckt werden. Bei einem Erwachsenen würde ein Aluminiumgehalt von 0,02 Prozent (AGES 2017) zu einer Exposition von 0,003 mg Al / kg KG / Woche führen. Für Kinder zwischen 11 und 14 Jahren würde die Exposition 0,005 mg Al / kg KG / Woche betragen. Im Unterschied dazu würde der vom VKM (2013) ermittelte Gehalt von 4,5 Prozent Aluminium bei Erwachsenen zu einer oralen Exposition von 0,72 mg und bei Kindern von 1,0 mg Al / kg KG / Woche führen. \ Vorsicht vor Bleaching-Zahnpaste! Aluminiumaufnahme durch Zahnpasta Foto: AdobeStock/nndanko 97 Zahnmedizin

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