Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 110, Nr. 1-2, 16.1.2020, (18) Arbeit schon, aber auch die Stühle? Zitieren wir – ohne das Sujet von den vielen alten Männern auf den Stühlen der Berufspolitik überstrapazieren zu wollen, sondern es viel- mehr ins richtige Licht zu rücken – nochmals aus der Abschlussrede der AbsolventInnen: „Wir sind ein Beispiel dafür, dass es politisch motivierten Nachwuchs gibt. Aller- dings ist Ihr (gemeint sind die, die sich bereits in der Berufs- und Standespolitik engagieren, die Redaktion) Wissen und Ihr Erfahrungsschatz für uns enorm wichtig. Wir möchten Sie, die erfahrenen Standespolitiker, nicht verdrängen, son- dern mit Ihnen gemeinsam die Zukunft unserer Kollegen gestalten. Und hiermit meinen wir alle Kollegen, die Jungen, die Älteren, die Angestellten, die Selbstständigen und die, die ihr Glück in einem MVZ suchen. Wir spielen nicht die Reise nach Jerusalem! Geben sie alle bitte ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter an die Kollegen und Kolleginnen, die nicht zwei Jahre jünger sind, sondern 20 Jahre.“ Das hätten Dr. Dr. Jürgen Weitkamp und Prof. Dr. Burkhard Tiemann, die beiden Gründerväter der AS Akademie vor etwas mehr als 20 Jahren, als eines der Ziele der Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement, nicht anders beschrieben. Womit wir bei der Auflösung der Überschrift angelangt sind. Die zwei Väter sind nun geklärt. Mangels damaliger Gründungsfrauen gab es keine Mütter. Und trotz der nicht unerheblichen zusätzlichen Belastung durch den knapp zweijährigen Studiengang erblickten im Laufe des 10. Jahrgangs trotzdem drei Kinder das Licht der Welt. Keine der Mütter hat deswegen Kurse oder Seminare versäumt, alle erreichten ihren Abschluss. Soviel zum Dauerthema Work-Life-Balance oder genauer – den damit landläufig verbundenen Vorstellungen. Und jetzt wird auch verständlich, warum Benz in seiner Einleitung sagte: „Die AS Akademie ist ein Kraftwerk für die Standespolitik ...“ Ri FREIBERUFLICHKEIT IN ZEITEN DES GESELLSCHAFTLICHEN WANDELS Europa, seine Institutionen und die vielfältigen Verbin- dungen in die nationale Politik und Gesetzgebung sind ein wesentlicher Bestandteil des Curriculums – und ein nicht unwesentlicher Grund für häufiger werdende Bauchschmerzen bei den „freien Berufen“. Schließlich geht es um gesellschaftliche Grundordnungsprinzipien. Mit den sogenannten freien Berufen verbinden sich in den einzelnen Ländern sehr unterschiedliche ordnungs- politische Konzepte, führte der Festredner, RA Florian Lemor, Hauptgeschäftsführer der Bundeszahnärztekam- mer, aus. In der Dienstleistungsrichtlinie finden sich nach deutschem Verständnis Heilberufler nicht wieder, nicht jedoch aus europäischer Perspektive. In Deutschland hat die Freiberuflichkeit eine grundlegend andere Dimension: Hier erwächst aus der Informations- asymmetrie im Verhältnis Professional zu Patient ein besonderer Schutz der Leistungsempfänger vor den Leistungserbringern, der – und das ist der Punkt – von den Leistungserbringern selbst zu gewährleisten ist. Zudem ist in Deutschland die freiberufliche Selbst- verwaltung mittelbare Staatsverwaltung. Das dies im Kontext des EU-Megatrends Deregulierung – wozu im Wesentlichen die Dienstleistungsfreiheit zu zählen ist – zu Konflikten führt, liegt auf der Hand. Hierzu wies Lemor auf eine äußerst problematische, sich aktuell entwickeln- de Konstellation im Zusammenhang mit der Verhältnis- mäßigkeitsrichtlinie hin: Man versucht, „Europa“, mithin also die Vorstellung der Kommission, auf der Landesebene in Deutschland quasi durch die Hintertür durchzusetzen. In der Konsequenz würde dieses gemäß der deutschen Rechtslage auf die Einführung einer Fachaufsicht hinaus- laufen. Ein gewaltiger Unterschied zum heutigen Prinzip der Rechtsaufsicht. Ein weiterer Megatrend aus Brüssel ist die Deregulierung samt der damit verbundenen Ökonomisierung. Es bestehe jedoch die Hoffnung, dass das deutsche SGB V von diesem Trend verschont bleibt. Zwar gelte der Grundsatz „keine Flucht ins Sozialrecht“, doch der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe anlässlich einer Konferenz am 2. Dezember betont, dass er hier keine Rechts- friktionen sehe. Das Fazit Lemors: „Wir stehen vor einer Zeitenwende, zwei Systeme prallen aufeinander.“ Letzt- lich komme es auf eine kluge Mischkalkulation an, die das Maximum für den Berufsstand herausholen müsse. Das Maximum bedeute aber nicht, dass alles beim Alten bleiben könne. DIE TRÄGERORGANISATIONEN DER AKADEMIE Ziel der AS Akademie für freiberufliche Selbstverwal- tung und Praxismanagement ist eine umfassende wissenschaftlich und systematisch ausgerichtete Selbst- professionalisierung der Zahnärzteschaft für den Erhalt und die Stärkung der Freiheit im Heilberuf. Unter Schirmherrschaft von BZÄK und KZBV wird sie derzeit von der Ärztekammer Saarland (Abt. Zahnärzte), den Zahnärztekammern Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein sowie den KZVen Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig- Holstein, Westfalen-Lippe getragen und kooperiert mit dem Bundesverband der Zahnmedizinstudenten in Deutschland (BdZM e.V.). 20 | POLITIK
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