Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 110, Nr. 1-2, 16.1.2020, (28) zm-SERIE: TÄTER UND VERFOLGTE IM „DRITTEN REICH“ Hermann Pook – der einzige in Nürnberg angeklagte Zahnarzt Dominik Groß Vom Herbst 1945 bis zum Frühjahr 1949 fanden insgesamt zwölf „Nürnberger Prozesse“ statt. Unter den dort angeklagten 185 NS-Kriegsverbrechern befand sich ein Zahnarzt: Hermann Pook, Vorgesetzter der Zahnärzte in den Konzentrationslagern. Er wurde am 3. November 1947 zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Wer war dieser Mann, wie verlief sein Leben vor und nach dem Urteil und inwieweit handelte es sich aus zahnärztlicher Sicht um einen Einzeltäter? H ermann Friedrich Pook kam am 1. Mai 1901 in Berlin zur Welt. 1-2 Er war der Sohn des evangelischen Dentisten Friedrich Pook und dessen Ehefrau Klara, ge- borene Litzenberg. Pook besuchte das Real-Gymnasium in Berlin-Lichterfelde, das er mit dem Abitur abschloss. 1921 konnte er sich – ebenfalls in Berlin – für das Studienfach der Zahnheilkunde einschreiben. 1925 legte er das zahn- ärztliche Staatsexamen ab. Noch im selben Jahr wurde er approbiert, und zwei Jahre später konnte er zum Dr. med. dent. promovieren. Besagte Promotionsmöglichkeit bestand erst seit 1919. In seiner Dissertation referierte er „Über die Kombination von Missbildungen der Mundbucht mit anderen“. Pook gehörte zu den vielen Zahn- behandlern seiner Zeit, die in die Pra- xis ihres Vaters eintraten – ein Phäno- men, das in der Sozialgeschichte als „intergenerationelle Berufsvererbung“ 3 angesprochen wird. Die Gemein- schaftspraxis von Vater und Sohn lag in der Undinestraße 7 in Berlin- Lichterfelde. Sie war den zeitgenös- sischen Quellen zufolge sehr stark frequentiert, so dass Pook ein gutes Auskommen hatte. Pook verlobte sich 1923 mit Ilse Schwarz; 1927 folgte die Heirat. Schwarz war die Tochter eines Regie- rungs-Oberinspektors und galt somit durchaus als „gute Partie“. Das Ehepaar bezog eine Wohnung über der Praxis; hier kam 1936 auch der gemeinsame Sohn Holger zur Welt, der später eben- falls den Beruf des Zahnarztes ergreifen sollte. Pook gehörte keineswegs zu den „alten Kämpfern“: So nannte man NSDAP- Mitglieder, die der Partei bereits vor der Machtübernahme Hitlers im Januar Info: Stadtarchiv Nürnberg, Signatur A80–280 Abb. 1: Hermann Pook bei den Nürnberger Prozessen 1-2 Schmidt et al., 2018; Bundesarchiv Berlin; 3 Groß, 1999 ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden.
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