Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 110, Nr. 1-2, 16.1.2020, (43) ! Biologie: Eine durch Adhäsivtechnik erst möglich gewordene schonende, defektorientierte Präparation hat auch biologische Vorteile, weil weniger Beschleifen gesunder Zahnhartsubstanz zur Retentions- gewinnung erfolgen muss und damit das endodontologische Be- gleitrisiko deutlich sinkt [Politano et al., 2018; Garling et al., 2019]. Dieser Vorteil wird begleitet von einer heute mehr defensiv ausge- legten Exkavationsstrategie und dem klaren Bekenntnis zur Reparatur teildefekter zahn- farbener Restaurationen ohne ge- neralisierten Fehler [Schwendicke et al., 2019; Frankenberger et al., 2003]. INDIVIDUELLE AUSWAHL DES ADHÄSIVSYSTEMS Jeder Zahnarzt hat ein spezielles Verhältnis zu seinem verwendeten Adhäsivsystem, da es täglich zum Ein- satz kommt und Misserfolge schmerz- lich sind. Bei der Auswahl des indivi- duellen Bondings sind verschiedene Mechanismen zu beobachten, so dass beispielsweise sehr oft dasjenige Adhäsivsystem verwendet wird, das im Studium an der Universität verwendet wurde – zumindest dann, wenn man damit gute Erfahrungen gemacht hat. Ein für sehr lange Zeit beobachtbarer Trend war der Hang zu vermeintlich schnelleren Adhäsiven aus einer Flasche. Heute weiß man mehr denn je, dass 60 Sekunden Adhäsivtechnik die Grundlage einer mehrjährigen Lebensdauer von gebondeten Restaura- tionen sind (Abbildung 2). Regel Nr. 1 sollte daher sein, in diesen 60 Sekunden möglichst wenig falsch zu machen – Zeitsparen gehört hier nicht hin, denn gerade im Rahmen der adhäsiven Vorbehandlung wird ein wichtiges Fundament für jegliche Res- tauration geschaffen (Abbildung 3). Die Klassifikation der Adhäsivsysteme hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert, wie aus Tabelle 1 klar hervorgeht. BEWERTUNG Die Bewertung des Potenzials der un- terschiedlichen Adhäsivklassen orien- tiert sich zunächst an den Adhärenden Schmelz und Dentin: Während im Schmelz die separate Phosphorsäure- ätzung noch immer jedem Self-Etch- System überlegen ist und es irrelevant ist, ob danach eine oder drei Flaschen zum Einsatz kommen [Frankenberger und Tay, 2005], sind die Unterschiede im Hinblick auf die Dentinhaftung und vor allem deren Dauerhaftigkeit und Belastbarkeit gravierender und nicht primär an die Phosphorsäure- ätzung zu koppeln [Peumans et al., 2018]. Ein einfacher Versuch mag das veranschaulichen: Es wurden 20 extrahierte Weisheits- zähne dekapitiert (Abstand zur Pulpa 2 mm) und es erfolgte die Präparation eines standardisierten Smear Layers. Gruppe 1 wurde so belassen (n = 10), bei Gruppe 2 (n=10) wurde mit einem Präparierdiamanten der zirkumferente Syntac TE OptiBond FL Clearfil SE Bond SEE Clearfil SE Bond E+R Scotchbond 1 XTE Futurabond U SEE Futurabond U E+R Scotchbond U SEE Scotchbond U E+R Prime&Bond active SEE Prime&Bond active E+R AdheSE U SEE AdheSE U E+R iBond U SEE iBond U E+R 24 h 6 m 12 m 18 m 36 m 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Dentinhaftung im Microtensile-Verfahren [MPa] Foto: Frankenberger Abb. 1: Adhäsivtechnik ermöglicht minimal- invasive Restaurationen unter maximalem Erhalt gesunder Zahnhartubstanz. CME AUF ZM-ONLINE Klassische Adhäsive versus Universaladhäsive Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME- Punkte der BZÄK/ DGZMK. Quelle: Frankenberger Abb. 5: Dentinhaftung im Microtensile-Verfahren [MPa] nach Wasserlagerung bis zu 36 Monaten: Deutlich wird, dass das konventionelle Self-Etch-System bei Dentinätzung Schwächen zeigt (hier: Clearfil SE Bond, Kuraray), im reinen Self-Etch-Betrieb aber die besten Werte. Es wird aber vor allem klar, dass der Ätzmodus (Phosphorsäure vs. Self-etch) bei den getesteten Universaladhäsiven keinen oder einen sehr geringen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit der Komposit-Dentin-Verbindung hat (SEE: selective enamel etch / E+R: Etch-and-rinse). FORTBILDUNG RESTAURATIVE ZAHNERHALTUNG | 45
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