Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 110, Nr. 1-2, 16.1.2020, (75) zu sprechen. Das sei für Patienten gleichbedeutend mit Prothesen und die seien eben meist nicht gewünscht. Der Zaubersatz laute daher: „Wir machen Ihnen festsitzenden Zahnersatz, der nur zum Reinigen herausgenommen wird.“ Und das entspreche im Prinzip ja auch der Wahrheit, denn Steg-Riegel-Arbeiten rasteten hörbar ein und seien dann tat- sächlich „festsitzend“. KOSTENGÜNSTIG ODER HIGH-END-ZAHNMEDIZIN? „Einfach oder kompliziert“ – in der von Prof. Markus Hürzeler, München, moderierten Session ging es um den Vergleich kostengünstiger und schneller prothetischer Kon- zepte mit solchen, die das Maximum der High-End-Zahn- technik aufbieten. Die Referenten Dr. Martin Gollner aus Bayreuth und Zahntechnikermeister Andreas Kunz aus Ber- lin stellten in ihrem gemeinsamen Vortrag klar, dass sich die Strategien „straight forward“, also direkt, unkompliziert und einfach mit den sicheren, evidenzbasierten, konservativen und komplexen High-Level-Konzepten im Behandlungs- ablauf im Prinzip immer etwas mischen. Denn am Ende müsse die Therapieerwartung des Patienten erfüllt werden, so Gollner. Für ihn seien die Kosten-Nutzen-Relation, eine überschaubare Therapiedauer und das Vermeiden von Kom- plikationen wichtig. Der Behandler möchte am Ende eine stabile Funktion erreichen und nicht zuletzt dem Zahn- ersatz eine individuelle Ästhetik verleihen. Prof. Fouad Khoury erläuterte in seinem Vortrag, wie eine langjährige Stabilität nach Hart- und/oder Weichgewebs- augmentationen zu erreichen ist. Er setze dabei – wann immer möglich – auf autogenen Knochen als Augmentationsmate- rial, den er meist direkt aus der Alveole des extrahierten Zahns oder aus deren Umgebung gewinne. Mit einem Trepanbohrer entnehme er kleine, zylindrische Knochen- stückchen, „Karotten“ genannt, die mit Minischrauben komprimiert an Ort und Stelle gehalten werden. Weiterhin erläuterte er die Split-Bone-Technik, also den Gewinn meh- rerer Knochenscheiben aus einem vorher entnommenen Knochenblock, den der Operateur vorsichtig in Scheiben schneidet. PERIIMPLANTITIS ALLEIN KONVENTIONELL BEHANDELN? Der letzte Wettstreit der Konzepte galt dem Thema Peri- implantitis. Prof. Gerhard Iglhaut aus Memmingen erläuterte die Ätiologie der Periimplantitis, für die der bakterielle Bio- film der stärkste Einflussfaktor sei; Rauchen hat ihm zufolge nur schwächere Evidenz, während intrasulkuläre Zement- überschüsse als Auslöser infrage kämen. Titanpartikel sind seiner Meinung nach nicht evident als auslösender Faktor. PD Dr. Jan Derks aus Göteborg zeigte dem Auditorium, dass die allein konventionelle Therapie der Periimplantitis ineffektiv ist, wenngleich sie immer der erste Schritt in der Behandlung sein müsse. Nur so könnten Patienten auf die nachfolgende Chirurgie im Sinne einer resektiven Taschen- eleminierung mit Reinigung der Implantatoberfläche vor- bereitet werden. Im Nachgang müssten Patienten weiter zur Mundhygiene motiviert und unterstützend konventionell behandelt werden, um das Behandlungsergebnis auch lang- fristig stabil zu halten. Der wichtigste Indikator für eine sta- bile Situation: ein negativer BOP. Das OP-Protokoll des „Open-flap debridement“ bestehe aus Aufklappen, Zahn- steinentfernung mit Plastikscalern, Reinigung des Implan- tatgewindes mit Titanbürsten und Kochsalz-Spülung und abschließendem Vernähen des Lappens. Zusätze wie einen CHX-haltigenMedikamententräger – zum Beispiel Periochip – in die entzündeten Taschen zu geben, hält Derks für überflüssig, wenn der Patient ohnehin ope- riert wird. Nur wenn der Behandler eine Chance sieht, die Entzündung rein konventionell behandeln zu können, sei ein CHX-haltiger Zusatz sinnvoll. Antibiotika gebe er nur, wenn vor der Operation noch Pus austritt und die Implan- tatoberfläche sehr rauh ist. „Wir beginnen drei Tage vor der Chirurgie mit dem Antibiotikum und noch sieben Tage danach“, führte Derks aus, „wir geben also insgesamt zehn Tage Amoxicillin.“ DDS Ausra Ramanauskaite aus Frankfurt stellte Unter- suchungen vor, nach denen jeder fünfte Implantatträger eine Periimplantitis bekommt. Über die Art der chirurgischen Intervention entscheide die Defektanatomie mit. Ein zir- kulärer, rein intraossärer Defekt mache 45 Prozent aller Knochendefekte im Zuge einer Periimplantitis aus. Solche Defekte könnten gut mit bovinem Knochenersatzmaterial aufgefüllt werden. ! Foto: David Knipping „Titan – weil´s gut ist“ war das Statement von Prof. Michael Stimmelmayr aus Cham. Zur Begründung führte er zahlreiche Vorteile von Titanimplantaten an, zum Beispiel die gute Osseointegration, die gute mechanische Stabilität und die hohe wissenschaftliche Evidenz, die inzwischen für dieses Material vorliegt. Foto: David Knipping „Mit autogenem Knochenmaterial ist man als Behandler auf der sicheren Seite“, erläuterte Prof. Fouad Khoury zu seinem favorisierten Augmentationsmaterial.
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