Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02
zm 110, Nr. 1-2, 16.1.2020, (78) DAS NEUE ZAHNMEDIZINSTUDIUM Zukünftig wird sich das Zahnmedizinstudium in drei Abschnitte gliedern, beginnend mit einer viersemestrigen präklinischen Ausbildung zu naturwissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen, danach kommt ein zweisemestriger Abschnitt mit standardisierten zahnmedizinischen Behandlungssituationen am Phantom und einem folgenden viersemestrigen, vorrangig klinisch geprägten Abschnitt mit integrierten Kursen am Patienten. Statt Naturwissenschaftlicher Vorprüfung, Zahnärztlicher Vorprüfung und Zahnärztlicher Prüfung wird es drei Abschnitte der Zahnärztlichen Prüfung geben. Zusätzlich zum Studium müssen die Studierenden eine Ausbildung in Erster Hilfe, einen einmonatigen Krankenpflege- dienst und eine vierwöchige Famulatur nachweisen. In den ersten vier Semestern bleiben die klassischen Naturwissenschaften und medizinischen Grundlagenfächer vorerst unverändert; zwei bisher eher zahntechnisch orientierte Kurse der Zahnärztlichen Prothetik werden durch zwei im Umfang deutlich kleinere Propädeutische Praktika mit Schwerpunkt „Dentale Technologie“ beziehungsweise Schwerpunkt „Präventive Zahnheilkunde“ ersetzt. Im 5. und im 6. Semester finden die Praktika der Zahnerhaltungskunde am Phantom, der zahnärztlichen Prothetik am Phantom, der kiefer- orthopädischen Propädeutik und Prophylaxe sowie der zahnärztlich- chirurgischen Propädeutik und Notfallmedizin statt. Zu den Pflicht- veranstaltungen vom 7. bis zum 10. Semester zählen die bisherigen Fächer Pharmakologie und Toxikologie, Pathologie, Innere Medizin, Hygiene, Mikrobiologie und Virologie, Dermatologie und Allergologie, die durch acht Querschnittsbereiche wie Medizin und Zahnmedizin des Alterns, Gesundheitswissenschaften und Wissenschaftliches Arbeiten sowie ein Wahlfach ergänzt werden. Der integrierte klinische zahnmedizinische Unterricht am Patienten wird in den Praktika der Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, der zahnmedizinischen Diagnostik und Behandlungsplanung, der kieferorthopädischen Diagnostik und Therapie, der Operationskurse, der integrierten Behandlungskurse I bis IV und der Radiologie durchgeführt. Außerdem soll das Betreuungsverhältnis in den Praktika auf 1:15, beim Unterricht am Patienten auf 1:6 und bei der Behandlung am Patienten auf 1:3 verändert werden. Zusätzlich werden neue Unterrichtsformen wie Kleingruppenseminare und Tutorien eingeführt. Ziel dieser Umstrukturierung ist die Neugewichtung der Ausbildungs- inhalte und Vernetzung der Fächer mit einer besseren Abbildung von Allgemeinerkrankungen und klinischer Ausbildung am Patienten. Auch im Prüfungswesen gibt es wesentliche Veränderungen: Neben den bekannten praktischen Prüfungen am Phantom und am Patienten ist die Erarbeitung strukturierter mündlicher Prüfungen mit Muster- lösungen gefordert. Im dritten Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung gibt es für die medizinischen Fächer und Querschnittsbereiche einen neuen schriftlichen Teil, der analog zum medizinischen Staatsexamen mit bundesweit einheitlichen Prüfungsfragen gleichzeitig durchgeführt werden soll. Zudem kann die Zahnärztliche Prüfung wieder zweimalig wiederholt werden. die sie im folgenden Semester am Patienten durchführen sollen? Eine Angleichung dieser Betreuungsrelatio- nen muss zentraler Bestandteil dieser Reform bleiben! Der Entwurf des AZV-KAP zeigt, dass gegenwärtig von politischer Seite alle Wege genutzt werden, um die Imple- mentierung der neuen ZApprO mög- lichst ohne die notwendigen Mehr- kosten durchzusetzen. Aktuell wird an den Universitäten ein gut ausge- bildeter, „berufsfähiger“ Zahnarzt ins Berufsleben entlassen. Eine fehlende Finanzierung oder reduzierte personelle Ausstattung führt unter den neuen ge- setzlichen Vorgaben absehbar entweder zu einer gravierenden Reduktion der klinischen Behandlung am Patienten und der gewünschten allgemeinmedi- zinischen Ausweitung der Lehrinhalte oder geht zulasten der Ausbildungs- plätze und der Studierendenzahlen. Zumindest im ersten Fall wäre damit der Sinn der Modernisierung der ZApprO infrage gestellt. Sollte mit Einführung der neuen ZApprO die Zahl der Studien- plätze gesenkt werden müssen, wäre das angesichts des vielerorts fehlenden Nachwuchses ebenfalls das falsche Signal. Aktuell steht zu befürchten, dass eine adäquate Finanzierung der mit der neuen ZApprO verbundenen Maß- nahmen nicht gelingt. Vor diesem Hintergrund muss man leider über mögliche Maßnahmen zum Wider- stand gegen eine nicht umsetzbare ZApprO nachdenken. Eine besorgnis- erregende Situation, hoffen doch die gesamte Zahnärzteschaft und die Stu- dierenden auf eine Chance zur Verbes- serung der Ausbildung. ! 80 | POLITIK
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