Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 110, Nr. 3, 1.2.2020, (135) Expertise und Kooperation mit Arzt- praxen“, lautet die Botschaft. „Das heißt konkret, dass die Entscheidung und Hoheit bezüglich Therapiedurch- führung und -planung ausschließlich bei den niedergelassenen Zahnärzten liegt.“ Einen Gebissabdruck können Kunden indes auch weiterhin selbst anfertigen. Wer mag, ordert hierzu Ab- druckmasse, -löffel, Wangenhalter, Handschuhe und eine vorfrankierte Rücksendebox für 49 Euro. Nahezu gleichlautend positioniert sich der direkte Mitbewerber: „DrSmile“ bietet seinen Kunden laut Website aktuell 21 Standorte in Deutschland. Dort arbeiten nach Auskunft von Mit- gründer Jens Urbaniak „teilweise meh- rere approbierte Zahnärzte“. Kleines, aber feines Unterscheidungsmerkmal: DrSmile verzichtete von Unterneh- mensbeginn an auf Abdrucksets per Post. Neben den Zahnärzten an den Stand- orten sind in „weiteren qualitäts- sichernden Maßnahmen in der indivi- duellen Planung und Machbarkeits- prüfung der Alignertherapie sowohl Kieferorthopäden und Zahntechniker und die zahnmedizinische Leitung von DrSmile involviert“, schreibt er auf Anfrage. Sein Qualitätsversprechen: Jeder einzelne Fall durchläuft einen Prüfprozess „von mindestens drei qua- lifizierten Augenpaaren, in Grenzfällen sogar vier bis fünf“. Auf den Markteintritt des US-Riesen sei man gespannt, schreibt Urbaniak und betont noch einmal die Abgrenzung vom Geschäftsmodell der Konkurrenz aus Übersee. „An unserem Standpunkt hat sich nichts geändert: Wir sehen die ausschließliche kieferorthopädische Fernbehandlung mittels Selbstabdruck- Kits oder Abdruckstationen in Co- Working Spaces weiterhin maximal kritisch“, stellt er heraus. „Patienten sollten sich gründlich von einem Zahnarzt vor Ort untersuchen, im Zweifelsfall röntgen und beraten lassen können.“ Eine Zusammenarbeit mit SmileDirect- Club planen nach eigenen Aussagen weder DrSmile noch PlusDental. Der deutsche Markt sei für mehrere Anbie- ter groß genug. Schließlich mehrten sich seit einigen Jahren die Anbieter mit differenzierten Geschäftsmodellen – dazu gehören Start-ups, Großpraxen, aber auch Vermittler, die lediglich Behandlungswillige mit Partnerpraxen in Kontakt bringen. Sie haben eines ge- meinsam: Sie verkaufen eine Aligner- therapie zum Kampfpreis, in Einzel- fällen ab 898 Euro. Zu diesen Unternehmen gehören bei- spielsweise die M1 MVZ GmbH („M1 Dental“), ZHP GmbH („besmile“), Orthos Fachlabor für Kieferorthopädie GmbH & Co. KG („Harmonieschie- ne“), Ortho Caps GmbH („orthocaps“), beyli GmbH („beyli dental“), aber auch Hersteller wie Invisalign. Nachdem das Unternehmen mit Scanshops in den USA scheiterte (siehe Kasten) spricht es in Deutschland auf seiner Website direkt PatientInnen an, um diese an Praxen weiterzuleiten. SmileDirectClub ist sich sicher, dass fast 70 Prozent der Deutschen aus Kostengründen auf eine gewünschte, kosmetische kieferorthopädische Be- handlung verzichten. Der Anspruch seines Unternehmens sei, „Menschen überall dabei zu helfen, die Kraft ihres Lächelns freizusetzen“, wird Mitbe- gründer Alex Fenkell in einer Investor- mitteilung zitiert. WIR REDEN ÜBER 500 MILLIONEN POTENZIELLE KUNDEN WELTWEIT Bislang habe man in mehr als 750.000 Fällen helfen können, heißt es weiter, und damit nur „einen winzigen Bruch- teil des Marktes“ abgeschöpft. Anläss- lich des Börsengangs bezifferte das Unternehmen das Marktvolumen für Alignertherapien auf 500 Millionen Kunden weltweit – die man für ein- malig 1.895 Dollar beziehungsweise 85 Dollar pro Monat behandeln könnte. Dieses Versprechen beflügelte damals auch den Ausgabekurs der Aktie, der bei 16,67 US-Dollar lag. Nach einem Hoch von 19,48 US-Dollar sechs Tage nach Ausgabe erfolgte die Talfahrt auf 7,80 US-Dollar am 17. Dezember. Seit der Expansionsbekanntgabe hat sich der Kurs leicht erholt und lag zuletzt bei etwas mehr als 11 US-Dollar. mg HINTERGRUND Der Streit zwischen SmileDirectClub und Align Technology Mit seinem ebenfalls börsennotierten Konkurrenten Align Technology verbindet SmileDirectClub ein aufsehenerregender Rechtsstreit. Die ersten Probleme gab es 2016 wegen einer vermeintlichen Patentrechtsverletzung. Später beschloss Align Technology jedoch, die Klage fallen zu lassen und sich mit SmileDirectClub zusammenzutun, beteiligte sich mit 17 Prozent an der Firma und schloss einen Liefervertrag bis Ende 2019. Kurz danach erhöhte Align seine Anteile um weitere zwei Prozent. Ende 2017 – als die Dienstleistung durch Start-ups nach Deutschland kam – flammte der Streit neu auf: Align Technology modifizierte sein Geschäftsmodell und eröffnete Shops in den USA, die sich erstmals direkt an den Endkunden richteten. SmileDirectClub monierte daraufhin einen Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot in einer Vereinbarung und die Angelegenheit eskalierte. Im März 2019 wurde der Fall dann in einem Schiedsverfahren zugunsten von SmileDirectClub entschieden. Align Technology wurde angewiesen, bis April 2019 seine mittlerweile zwölf Filialen zu schließen, mit einem Wettbewerbsverbot bis August 2022 belegt und gleichzeitig verpflichtet, seinen 19-prozentigen Unternehmensanteil an SmileDirectClub zurückzuverkaufen. „Der Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden und die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein warnten Zahnärzte vor den Geschäftspraktiken der Start-ups. Zu Recht, wie zwei Gerichte bestätigten.“ POLITIK | 13

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