Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 110, Nr. 3, 1.2.2020, (210) epitheloidzellhaltigen Granulomen [Cain et al., 1981]. Diese Granulome vom sogenannten Sarkoidosetyp zeigen charakteristischerweise herd- förmige Epitheloidzellen mit Riesen- zellen vom Langerhans-Typ und einen peripheren Lymphozytenwall. Da verschiedenste Erkrankungen diese Granulome aufweisen können, ist die Differenzialdiagnose erschwert [Riede et al., 1999]. Zu diesen gehören die Sar- koidose, die Tuberkulose, die atypische Mykobakteriose, die Pilzinfektion, das Lymphom, die Katzenkratzkrankheit, die Toxoplasmose, die Berylliose, Fremd- körperreaktionen sowie Sarkoidose- ähnliche Läsionen bei Krebserkrankungen, Immundefekten und Medikamenten- einnahme [Prasse, 2016]. Im vorliegenden Fall konnten Tuber- kulose, Mykobakteriose, Lymphom und Pilzinfektionen histopathologisch ausgeschlossen werden. Ein Befall des lymphatischen Systems lag klinisch nicht vor, sodass Katzenkrankheit und Toxoplasmose ebenfalls unwahrschein- lich erschienen. Anamnestisch konnten zudem Berylliose, Krebserkrankung und Medikamenteneinnahme ausgeschlossen werden. Daneben zeigte sich klinisch kein Anhalt für eine Fremdkörperreak- tion oder ein Melkersson-Rosenthal- Syndrom. Hierbei handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung aus der Gruppe der Granulomatose, die aus der Trias periphere Fazialislähmung, Cheilitis granulomatosa und Lingua plicata besteht [Jasinska et al., 2015]. Bei der Sarkoidose (Morbus Boeck) handelt es sich um eine „granulomatöse Entzündung, die nicht durch eine andere Ursache verursacht wird und stellt somit eine Ausschlussdiagnose dar“ [Prasse, 2016]. Die Prävalenz liegt in Deutsch- land bei etwa 46/100.000 [Scharkoff, 1993]. Sie kann in jedem Lebensalter auftreten, wobei Frauen häufiger be- troffen sind [Valeyre et al., 2014]. Die Ursache ist nach wie vor ungeklärt. Die klinische Symptomatik ist abhängig vom befallenen Organ, wobei prinzipiell jedes Organ betroffen sein kann. In den meisten Fällen findet sich jedoch eine Lungenbeteiligung mit Befall der mediastinalen Lymphknoten [Lodden- kemper et al., 1998]. Bei 10 bis 15 Pro- zent der Patienten mit systemischem Befall findet sich eine Mitbeteiligung der Sarkoidose im Kopf-Hals-Bereich [Dash et al., 1988]. Hierbei sind vor allem Auge, Orbita, Schädelbasis, Lymphknoten, Speicheldrüsen, Nasennebenhöhlen und Mundhöhle betroffen [Chapman et al., 2017]. Die Diagnostik ist abhängig vom Organbefall und umfasst neben der klinischen Untersuchung eine pneumologische Abklärung inklusive Röntgenaufnahme des Thorax, kardio- logische Untersuchung, Sonografie des Abdomens und Laboruntersuchung. Je nach Befall kann optional eine weiter- führende Bildgebung (MRT, PET) durchgeführt werden [Baughman et al., 2014]. Zur letztendlichen Diagnose- sicherung sollte eine Biopsie erfolgen. Die Prognose der Sarkoidose ist gut, Spontanheilungen in bis zu 85 Prozent der Fälle sind häufig [Baughman et al., 2001]. Therapeutisch werden vor allem orale Kortikosteroide eingesetzt. Bei fehlender Symptomatik wird in Anbe- tracht der möglichen Nebenwirkungen und der hohen Spontanheilungsrate in der Regel ein abwartendes Prozedere bevorzugt [Judson, 2012]. Indikationen für die Therapie sind daher Herz- rhythmusstörungen, eine Herzmuskel- beteiligung, ZNS-Befall sowie sympto- matische Organbeteiligungen mit möglichen Schädigungen des Organ- systems [Prasse, 2016]. Alternativ kann eine immunsupprimierende Therapie mittels Methotrexat oder Azathioprin erfolgen [Vorselaars et al., 2013]. \ PROF. DR. DR. CHRISTOPHER MOHR Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Essen Kliniken Essen-Mitte Henricistr. 92, 45136 Essen Foto: privat FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Eine ausführliche Anamnese und die klinische Untersuchung sind im Rahmen der Diagnostik nach wie vor unerlässlich. \ Bei seltenen Erkrankungen können die Diagnosefindung und die Therapie häufig nur inter- disziplinär erfolgen. \ Die Sarkoidose ist eine seltene granulomatöse Entzündung, die sich auch in der Mundhöhle manifestieren kann. Eine bioptische Sicherung sollte angestrebt werden. \ Nach Sicherung der Diagnose sollte eine Weiterbehandlung in einem spezialisierten Zentrum erfolgen. Foto: Baum Abb. 4: Resektat der Raumforderung paramandibulär regio 33/34 Foto: Baum Abb. 5: Abschlussdokumentation mit Zustand nach Vestibulumplastik und eingeheiltem Mundschleimhauttransplantat 88 | ZAHNMEDIZIN

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