Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 110, Nr. 4, 16.2.2020, (233) Kennen Sie den ePA-Erklärbär? den Terminüberblick zu behalten, fällt schon schwer. Aber was werden die Patienten von all dem wissen, ver- stehen und akzeptieren? Man muss kein Hellseher sein, um die daraus resultierende zusätzliche Kommunikati- onslast in der Hauptsache bei den Hausärzten wiederzu- finden. Damit die Ärzte bei Laune bleiben, sieht der Re- ferentenentwurf für den Aufwand der Aktenbefüllung ein Honorar von einmalig 10 Euro vor, allerdings ist die Begrenzung auf das Jahr 2021in der Diskussion. Und das, obwohl die Nutzung der ePA für Patienten keine Pflicht und somit vollkommen unklar ist, wie lange es dauern wird, bis die 72 Millionen Versicherten weitestge- hend ausgestattet sind. Immerhin verlautet aus dem Mi- nisterium, dass man Ende 2021 mit „einigen Millionen“ ePA versorgten Versicherten zufrieden sei. Und bei wem wohl werden angesichts der Demografie und der Chroni- kerlast die meisten Patienten landen? In den Hausarzt- praxen. Angesichts der Gesundheits- wie auch Gesundheitssys- temkompetenz der zu betreuenden Patienten sind 10 Minuten Beratungsaufwand doch vollkommen unrealis- tisch. Dass mit 10 Euro pro Patient all die zusätzlichen Aufwände nicht abgedeckt sein können, ficht den Ver- band der Ersatzkassen nicht an. Nach einer Eloge über die tollen Möglichkeiten, die die ePA mit Blick auf die Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit(!) bie- ten würde, kommt der Vertreter des Vorstandsvorsitzen- den auf den Punkt: „Nicht sachgerecht ist, dass Ärzte für die Verarbeitung von Daten in der ePA einen Zuschlag erhalten sollen. Dokumentation und Anamnese werden über die Grund- und Versichertenpauschalen bereits ver- gütet. Eine Extravergütung ist nicht nachvollziehbar.“ Halten wir fest: Das ganze Projekt wird nicht deshalb zu einem Erfolg, weil digitale Datencontainer entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Ohne Inhalte geht nichts, die geforderte „Anleitung“ des Patienten sowie Erstdatenbefüllung sind eine notwendige und zeitauf- wendige Zusatzaufgabe, die die Praxen erheblich belas- ten werden. Mal ganz abgesehen davon, dass dies Aufga- ben außerhalb der bisherigen Qualifikation sind. Und die sogenannten MIOs, die MedizinischenInformations- Objekte, die zur Datenstrukturierung unbedingt notwen- dig sind, sind dabei noch nicht einmal ins Kalkül gezo- gen worden. Dr. Uwe Axel Richter Chefredakteur Man muss nicht alles gut finden, was Jens Spahn so macht, schon gar nicht, was er so alles sagt. Eines muss man ihm allerdings lassen: Sein Ministerium samt Quasi- behörden wie der gematik hält er mächtig unter Dampf. Neben dem fließbandähnlichen Ausstoß von Gesetzes- entwürfen aus dem BMG nimmt auch die Aufgabenlast der gematik bei stetig steigendem Termindruck perma- nent zu. Nun ist das kein Grund für Mitleid, aber ich frage mich ernsthaft, wie bei der engen Zeittaktung zur Entwicklung der technischen Spezifikationen die Ergebnisqualität gewährleistet bleiben kann. Schließlich ist es mit der Arbeit in den Ämtern nicht getan, sondern viele weitere Zahnräder des Gesundheitswesens müssen ineinander- greifen. Nur ein Beispiel aus dem Aufgabenpotpourri: Das in der Gesetzespipeline steckende Patientendaten- Schutzgesetz, kurz PDSG, sieht vor, dass die Kassen ihren Versicherten bis zum 1. Januar 2021 eine elektronische Patientenakte (ePA) anbieten müssen. Damit das mög- lich wird – von jetzt an betrachtet reden wir über 10,5 Monate – muss nicht nur die gematik spezifizieren, son- dern die IT-Industrie auch programmieren, die bereits bestehenden Lösungen anpassen respektive neue entwi- ckeln. Zudem sollten möglichst Schnittstellen zu den PVS für die Datenbefüllung vorhanden sein sowie eine „sichere“ Anbindung zu den von den Versicherten in der großen Mehrzahl als Endgeräte genutzten Smartphones. Soweit so aufwendig. Doch eine ePA ohne Inhalt ist nutzlos. Wie kommen al- so die Daten in die ePA, wer soll die Arbeit machen? Da haben die Planer des PDSG sich eine ganz pragmatische Lösung ausgedacht, indem diese Aufgabe den Vertrags- ärzten und Kliniken auf oktroyiert wird. Nun mag der Anspruch der Patienten auf inhaltliche Befüllung der Ak- te durch den vorgenannten Personenkreis ja noch nach- vollziehbar sein, aber der Entwurf des PDSG zählt auch noch Aktualisierung und Pflege der ePA als Aufgabe hin- zu. Ein kleiner Trost an dieser Stelle: Um den eMedikati- onsplan dürfen sich die Apotheker kümmern. Denken Sie nicht, sich davor drücken zu können, denn der Pa- tient hat gemäß Gesetzesentwurf nicht nur ein Anrecht auf Befüllung, vielmehr sollen die Vertragsärzte wie auch die -Psychotherapeuten die Patienten eigeninitiativ über deren Ansprüche informieren „müssen“! Nun sind An- sprüche das eine, Fristen das andere, wie die Einführung der Telematikinfrastruktur gelehrt hat. Und da geht es schon los: Die Vertragsärzte müssen erst zum 1. Juli 2021 nachweisen, dass sie auf die ePA zugrei- fen können. Für die „alten“ Gesundheitsakten müssen die Krankenkassen bis zum 1. Januar 2022 eine Daten- übernahme in die ePA sicherstellen. Allein beim Lesen Foto: zm-axentis.de EDITORIAL | 03

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